unterm strich
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Sollte dies eine Brandstiftung gewesen sein, kommt als Täter nur ein zeitgenössischer Herostrat in Frage: jener antike Übeltäter, der den Tempel der Artemis in Brand steckte, um durch dieses Werk der Zerstörung als derjenige in die Geschichte einzugehen, der zerstörte um des Ruhms willen, fürderhin derjenige zu sein, der um des Ruhms willen zerstört. Teile der Sammlung des britischen Kunstmäzens Saatchi sind bei einem Brand in Flammen aufgegangen, der Montagnacht begann und 24 Stunden lang wütete. Unter den zerstörten Arbeiten sollen sich Werke von Tracey Emin, Damien Hirst, Rachel Whiteread, Chris Ofili, Sarah Lucas und den Brüdern Jake und Dinos Chapman befinden. Sowohl die Künstler als auch Charles Saatchi sollen am Boden zerstört sein. Sie sei „sehr traurig“, teilte Tracey Emin in einer ersten Stellungnahme mit: „Es ist eine große Tragödie für die britische Kultur, dass so viel Kunst von einem Feuer zerstört wurde.“ Obwohl es eine genaue Aufstellung der zerstörten Kunstwerke zu Redaktionsschluss noch nicht gab, gilt es als sicher, dass sich Emins „Everyone I Have Ever Slept With 1963–1995“, ein Zelt, in das sie die Namen ihrer 102 verflossenen Liebhaber gestickt hatte, unter den Verlusten befindet. Auch Die „Hell“-Serie, in der die Brüder Chapman in neun Landschaften mit über 5.000 handbemalten Figürchen den Horror des Krieges zeigten, soll ebenfalls verbrannt sein. Alles in allem sollen rund 100 Kunstwerke zerstört worden sein. Nachdem es zunächst geheißen hatte, ein Großteil der Sammlung sei zerstört worden, wies ein Sprecher der Saatchi Gallery gestern allerdings darauf hin, dass Saatchi seine Sammlung auf sechs Lagerhäuser verteilt habe. Nur eines sei den Flammen zum Opfer gefallen. Die Ursache des Brands ist noch unklar. Das Lagerhaus befand sich in einem Industriepark, der vor allem von Kleinunternehmen genutzt wurde. Das Feuer soll sich rasend schnell von einem Gebäude zum anderen ausgebreitet haben. Betrieben wurde das Lager von der Firma Momart, die Kunstwerke verpackt und transportiert und zu den angesehensten Unternehmen der Branche gehört. Auch die Queen sowie Tate Modern und Nationalgalerie vertrauen ihre Kunst der Firma an.