Machtpoker der Metaller

Der Countdown läuft. Morgen berät der IG-Metall-Vorstand, wer neuer Chef der Gewerkschaft wird: Jürgen Peters, Berthold Huber oder ein unbekannter Dritter?

BERLIN taz ■ Berthold Huber stand neben Jürgen Peters und verzog keine Miene. Gerade hatte der Vorstand der IG Metall beschlossen, ihn, Huber, als zweiten Vorsitzenden für den Gewerkschaftstag Ende Oktober zu nominieren. Peters sollte Chef werden. Er sei bereit, sagte Huber, seinen „persönlichen Ehrgeiz nach hinten zu schieben“. Und betonte seine „Loyalität gegenüber der IG Metall“. Das ist drei Monate her. Doch jetzt, nach dem Streikdesaster im Osten und einer die Gewerkschaft lähmenden Personaldebatte, stellt sich die Frage: Was bedeutet Loyalität gegenüber der IG Metall? Heißt Loyalität, gegen Peters anzutreten, um ihn zu verhindern?

Frank Stroh, der Sprecher des baden-württembergischen Bezirksleiters, sagte gestern der taz, Huber werde sich bei der Vorstandssitzung in Frankfurt zur Kandidatenfrage „am Dienstag erklären“. „Solche Dinge müssen intern besprochen werden.“ Bild am Sonntag hatte Stroh mit den Worten zitiert: „Huber steht natürlich zur Verfügung.“ Das sei „aus dem Zusammenhang gerissen“ worden, erklärte Stroh der taz. Er habe lediglich gesagt, Huber stehe „für ein Amt zur Verfügung“. Und das sei ja Beschlusslage des Vorstandes vom 8. April.

Huber selbst hat sich bisher weder zur Streikniederlage noch zur Personalie Peters geäußert. Er lag mit einer Nierenentzündung im Bett. Das Wort für den Schwaben schwangen andere. Dass IG-Metall-Chef Klaus Zwickel Huber inthronisieren will, ist bekannt. Am Wochenende erklärte Thomas Schlenz, Konzernbetriebsratschef von ThyssenKrupp, es müsse einen „neuen Kandidaten geben, ich bin für Huber“. Auch die Funktionäre der Autoindustrie stehen – bis auf jene von VW – hinter Huber. Eines ist offenbar sicher: Zu der angestrebten Tandemlösung Peters/Huber wird es nach taz-Informationen niemals kommen. Das sei „unmöglich“, hieß es aus Funktionärskreisen.

Mehrere IG-Metall-Bezirke streben nach Zeitungsberichten an, Peters Nominierung am Dienstag rückgängig zu machen. Die Vertreter des IG-Metall-Bezirks Küste wollen einen Antrag stellen, Peters zugunsten von Huber zum Rückzug zu bewegen. „Das Heft des Handelns liegt jetzt bei Jürgen Peters“, sagte der Sprecher des IG-Metall-Bezirks Küste, Daniel Friedrich. Der Antrag wird angeblich vom IG-Metall-Bezirk Bayern unterstützt. Auch Baden-Württembergs IG Metall will in der Sitzung eine Personaldebatte herbeiführen.

In der Frankfurter Zentrale hingegen seien „bis zur Stunde“ noch keine Anträge zur Neuwahl des Kandidaten eingegangen, sagte IG-Metall-Sprecher Claus Eilrich. Allerdings könne jedes der 41 Vorstandsmitglieder auch noch während der morgigen Vorstandssitzung einen Antrag „in alle Richtungen“ stellen.

Hinter Peters stellte sich am Wochenende das saarländische Vorstandsmitglied Reinhold Wirtz. Er glaube nicht, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Gesamtvorstand zuungunsten von Peters geändert hätten. Der Betriebsratsvorsitzende von VW Sachsen, Jens Rothe, forderte: „Der komplette Vorstand muss zurücktreten. Die IG Metall muss einen kompletten Neuanfang starten.“ THILO KNOTT