urdrüs wahre kolumne: Armer ungläubiger Thomas
In einer christlichen Partei völlig fehl am Platze ist offenbar CDU-Innensenator Thomas Röwekamp. Nicht, dass ich dieser Partei das hohe C der Nächstenliebe tatsächlich als Firmenzeichen zubillige – Etikettenschwindel gibt es ja überall. Aber zumindest sollte man den Unionisten ja wohl den kindlichen Glauben an eine höchste Instanz zubilligen, denn schließlich sitzt ER zu Rechten Gottes, zu richten dereinst die Lebendigen und die Toten. Und da würde ich mich als nur halbwegs ungläubiger Thomas ziemlich elend fühlen mit der Verantwortung für Totschlag durch Ausweisung einer aidskranken Afrikanerin im Nacken und dem durch Aussagen der Amtsmediziner gestützten Wissen um diesen Zusammenhang im Kopp.
Gestern in meiner unmittelbaren Nachbarschaft. Im Hauseingang eines Mehrfamilienhauses liegt ein Stapel mit gebügelter Herrenkleidung, achtlos darauf geworfen noch Schmutzwäsche, ein Radiowecker und sehr neue Herrenhalbschuhe von mindestens Größe 46 – insgesamt ein Szenario, das offensichtlich von einer privaten Zwangsausweisung kündete. Abends war alles weggeräumt, bis auf ein ziemlich zerschlissenes T-Shirt mit dem Aufdruck USA. War der dazugehörige Kerl etwa wieder in Ehren aufgenommen worden, nachdem er sich vom modischen Amerikanismus in dramatischer Weise distanziert hatte?
Weiß jemand um ein Wahlkampf-Komitee, das sich um die Unterstützung der real existierenden Kandidatur des ebenso arbeitslosen wie schlagstarken Kanzler-Kritikers aus dem Hochschwarzwald kümmert? Ich würde ein solches Projekt gern als Kundgebungsredner vor Ort unterstützen und sichere solche Schützenhilfe auch gern Grünen und anderen Erdgeistern zu, die es verlocken könnte, den Herrn Bundesminister für Justiz und anthroposophisches Süffisanzgrinsen zu züchtigen.
An der Penny-Kasse hebt eine ziemlich unsolide wirkende Hausfrau mit rosa und lila Strähnchen im Haar eine Dose mit Gemüsemais hoch und verlangt Auskunft zu dessen gentechnologischer Vorgeschichte. Worauf die Verkäuferin erklärt: „Egal was da draufsteht, die bescheißen uns doch sowieso!“
Die Tatsache, dass Ex-Senator Borttscheller nunmehr wegen Überschuldung seine Zulassung als Notar aufgab, lässt im Nachhinein vermuten, dass er prinzipiell eine ziemlich ehrliche Haut sein muss. Möge ihm dafür stets ein Glas Rotwein zum Eintopf in der Volks- und Suppenküche von Schwachhausen oder Overniggeland beschieden sein. Aber bitte Vorsicht bei jedem Versuch, Herrschaftswissen aus der guten alten Zeit noch zu versilbern: weiß man doch aus jedem zweiten Bremen-Tatort, wie gefährlich die hiesigen Besserverdienenden sein können!
Wie oft ringt man mit sich und seiner Antriebsarmut angesichts all der Misstände mit tropfenden Wasserhähnen, wucherndem Unkraut und stinkenden Socken im engsten Lebensumfeld? Für solche Fälle wird heute vertrauensvoll und ohne jedes Wissen um die dahinterstehende Person der Hinweis auf die Mix-Kleinanzeige „Biete helfende Hände für Haus und Garten (0421/7908725)“ übermittelt von
Ulrich „Messy“ Reineking
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