Multikulturell gesprochen

Der Karneval der Kulturen hat natürlich längst seine eigene Sprache. Ein Connaisseur-Gespräch erfordert wohl gesetzte Worte, entnommen dem offiziellen Programm-Guide. Ein korrektes Glossar

VON ADRIANA LA CARIOCA

Altlandsberg: Ist natürlich dabei. Ist die ausländermäßig einzig völlig okaye ostdeutsche Gemeinde. „Hier war mal ein gebürtiger Inder ehrenamtlicher Bürgermeister.“ Altlandsberg ist „weltoffen“. Brückenschlag: Passiert, wenn die Mehrheitsgesellschaft mit den BerlinerInnen mit Migrationshintergrund „einmal im Jahr“ „auf der Straße tanzt“. An diesem Tag gerne „auch zwischen Kontinenten“.

Caipirinha: Integrationsgetränk. MigrantInnen panschen ihn, Deutsche besaufen sich damit. Macht sehr brasilianisch. Frauen: „Stellen sich gern als lebensfrohe Menschen dar, voller Lust zu tanzen und erotisch zu wirken, unabhängig von Alter und Herkunft.“ Immer gut, wenn sie ein „politisches Zeichen gegen sexuelle Gewalt setzen“. Gunja: „Real Ganjaman“, „Gunjah“, irgendwie kommt es plötzlich „aus Neukölln“, jedenfalls zu krass neu, um schon eine feste Schreibweise zu haben. Heiße Rhythmen: Die braucht es beim > Brückenschlag. Zuständig sind dafür „die Brasilianer“.

Karneval: In Köln doof, „in Brasilien ganz heiß“. Hat dort natürlich „mystischen Hintergrund. Bringt in Brasilien positive Energie zum Ausdruck und bewegt Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Religion oder Herkunft sich auf ein gemeinsames Fest einzulassen. Das führt zu Annäherung der Menschen und Toleranz“, in Köln zum Gegenteil. Kreuzberg übt noch.Kenia: „Ist ein modernes Land mit freundlichen Menschen, ist mehr als das allseits bekannte Reiseziel.“

Mumia Abu-Jamal: Unbedingt „muss sein Prozess wieder aufgerollt werden“. Mumia-Protest darf auch auf dem hirnlosesten Karneval nie fehlen.

Schweigen: fassungsloses ~, ist dann angesagt, „wenn erst einer, dann zwei, dann drei wieder abgeschoben wurden. Dagegen setzt der Karneval seine heiße Mischung aus Afro- und Brasilbeats mit Reaggae-, Samba- und Funk-Elementen um das lähmende ~ feurig zu durchbrechen.“Tanzen: Unbedingt „spontan“, „ekstatisch“, „zuckend“, „wild“. „Fängt in den Ohren an.“ „Musiker servieren dazu meist heiße, klangfarbenprächtige“, „wie orientalische Gewürze heißende“ „Cocktails für Augen und Ohren“.Tanz nach Europa: Eine „spritzig-witzige Idee“ der Grünen Jugend, „die damit Vorurteile gegenüber der EU und ihren Beitrittsländern abbauen will; schafft positive Grundhaltung zur EU“, geht nur in Kostümen der neuen Beitrittsländer.Tradition: „Überwältigend“ bei Hochzeitszeremonien der Igbosan „aus dem Südosten Nigerias“ oder kongolesischen Krönungsfeierlichkeiten, eindeutig weniger faszinierend bei Tänzen und Gesängen aus, sagen wir, „Bolesławiec in Polen“. Trommeln: Ein absolutes Essential, am besten „selbst gebaut“. „Wirbeln“, dröhnen, hämmern „gegen Ignoranz, Gleichgültigkeit“ und „für Tabubrüche“.Unverfälscht: „ ~ Einblicke“, sehr schön mit Gamelan-Orchester. Weltoffenheit: s. Altlandsberg.