Die Deutsche Bank patzt schon wieder

Mögliche Interessenten an der Postbank haben offenbar interne Berechnungen der Deutschen Bank erhalten. Damit hat der Konsortialführer aber sein Wissen missbraucht, sagen Aktionärsvertreter – und fordern den Rausschmiss des Branchenprimus

AUS BERLIN STEPHAN KOSCH
UND NIKOLAI FICHTNER

Die Deutsche Bank ist wegen einer weiteren Panne im Vorfeld des Börsengangs stark in die Kritik geraten. Aktionärsvertreter warfen dem Unternehmen nach dem Bekanntwerden einer internen Bewertung der Postbank durch die Deutsche Bank „unprofessionelles“ und „unseriöses“ Geschäftsverhalten vor und sprachen sich für eine Ende des Deutschen-Bank-Engagements beim Postbank-Börsengang aus. Der Bankenexperte Wolfgang Gerke bezeichnete den Patzer als „fast unverzeihlichen Betriebsunfall“.

Post und Postbank reagierten Unternehmenskreisen zufolge verstimmt über das Vorgehen der Deutschen Bank. An dem für den 21. Juni geplanten Börsengang der Postbank hält das Unternehmen aber noch fest. „Wir diktieren dem Markt nichts, aber lassen uns auch von anderen nichts diktieren“, erklärte Post-Vorstandschef Klaus Zumwinkel.

Anlass des Streits ist ein Informationsblatt für Investoren. Darin bewerten Experten der Deutschen Bank den Unternehmenswert der Postbank niedriger als erwartet. Lediglich zwischen 4,4 und 5,3 Milliarden Euro soll das gesamte Unternehmen Postbank demnach wert sein. Die Deutsche Post geht von 6 Milliarden Euro aus und wollte bei dem Börsengang rund 3 Milliarden Euro einnehmen.

Brisant ist vor allem, dass die Deutsche Bank als Konsortialführer des Börsengangs das Papier offenbar an Investoren verteilt hat. Sie soll als Auftragnehmer der Deutschen Post AG den Börsengang der Konzerntochter durchführen und hat dafür genauen Einblick in die Unternehmensdaten der Postbank bekommen. Eigentlich darf sie seit dem 22. Mai keine Aussagen mehr über die Bewertung der Postbank treffen.

Gleichzeitig gilt die Deutsche Bank aber auch als Interessent für eine komplette Übernahme der Postbank. Erste Gespräche zwischen den beiden Unternehmen waren aber vor einigen Wochen ergebnislos beendet worden, weil die Post mehr Geld für ihre Bank haben wollte, als die Deutsche Bank zahlen wollte.

Henry Mathews vom Verband der Kritischen Aktionäre bewertete das Verhalten der Deutschen Bank daher als unseriös. „Wenn die Deutsche Bank die Postbank weiterhin übernehmen will, dann hat sie ein Interesse daran, den Preis niedrig zu halten.“ Als Konsortialführer des Börsengangs habe sie jedoch den Auftrag, einen möglichst hohen Preis zu erzielen.

Auch Markus Straub von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger kritisiert diese mögliche Doppelrolle. „Das ist kein professionelles Vorgehen.“ Die Post solle ohne die Deutsche Bank weitermachen.

Ein Rausschmiss der Deutschen Bank aus dem Konsortium wäre für auch Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nachvollziehbar. „Die Deutsche Bank könnte sich darüber nicht beklagen.“ Die Mitglieder des Konsortiums hätten sich schließlich verpflichtet, vor und nach dem Börsengang die Klappe zu halten.

Dennoch sollte die Post den geplanten Börsengang wie vorgesehen mit der Deutschen Bank durchziehen, sagte Wolfgang Gerke, Professor für Bank- und Börsenwesen an der Universität Erlangen. „Der Schaden, der sonst entstünde, wäre viel größer.“ Sollte der größte für dieses Jahr vorgesehene Börsengang ausfallen oder sich verzögern würde das die Stimmung auf den Aktienmärkten dramatisch verschlechtern.

Nach seiner Ansicht könnte der „Betriebsunfall“ der Deutschen Bank aber positive Folgen für die Kleinanleger haben. Denn sie könnten nun möglicherweise billiger Aktien erwerben, als die Post ursprünglich vorgesehen hatte.

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