Gericht hebt Immunität von Pinochet auf

Chiles 88-jähriger Ex-Diktator soll sich wegen der „Operation Cóndor“ verantworten. Noch ist eine Berufung möglich

SANTIAGO/BERLIN afp/taz ■ Ein Berufungsgericht in Santiago hat gestern überraschend die Immunität des früheren chilenischen Diktators Augusto Pinochet für seine Verwicklung in die „Operation Cóndor“ aufgehoben. Damit ermöglichte das Gericht, dass der 88-Jährige vor Gericht gestellt werden kann für seine mutmaßliche Beteiligung an der Tötung von Oppositionellen im Rahmen dieser konzertierten Aktion mehrerer lateinamerikanischer Staaten. Die Entscheidung fiel mit 14 zu 9 Stimmen und muss nun vom Obersten Gericht geprüft werden. Dieses Gericht aber hatte in den vergangenen Jahren mehrfach geurteilt, Pinochet sei aus Gesundheitsgründen nicht in der Lage, einen Prozess durchzustehen.

Dieser Auffassung war in mehreren anderen Verfahren gegen den Exmachthaber (1973–90) allerdings auch das Berufungsgericht gefolgt, das jetzt anders entschieden hat. Der Sinneswandel, so zitiert die chilenische Tageszeitung El Mercurio in ihrer Online-Ausgabe den Opferanwalt Juan Subercaseaux, könnte damit zusammenhängen, dass Pinochet erst vor kurzem einem in Miami ansässigen Fernsehsender ein Interview gewährte. In den letzten Wochen sei er sehr gesund in Cafés und Restaurants der chilenischen Hauptstadt gesehen worden.

Viviana Díaz von der Vereinigung der Angehörigen von Verschwundenen zeigte sich gestern glücklich: „Es ist eine große Nachricht, die unserem Land gut tun wird“, sagte sie vor dem Gerichtsgebäude in Santiago.