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Atomausstieg? Nicht in Gronau

Dreimal so viel Uran wie bisher sollen in Gronau künftig AKW-tauglich gemacht werden – Atomausstieg hin oder her. Ein Schutz der Atom-Chemie-Fabrik gegen Jumbo-Abstürze ist nicht vorgesehen. Ab heute werden die 7.500 Einwände dagegen erörtert

von ARMIN SIMON

Atomausstieg? Im nordrhein-westfälischen Gronau ist davon nichts zu spüren. Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage setzt auf Ausbau: Statt 1.680 Tonnen sollen nach dem Willen der Betreiberin Urenco dort jährlich bis zu 7.680 Tonnen Natururan AKW-tauglich angereichert werden – genug Brennmaterial für rund 35 große Reaktoren. 7.500 Einwände gegen den Ausbau sind beim Wirtschaftsministerium in Düsseldorf eingegangen. Ab heute werden sie in einer Halle in Legden erörtert.

Urenco wird dann unter anderem erklären müssen, warum sie die Atom-Chemie-Fabrik und die dazugehörigen Chemikalienlager nicht gegen Terroranschläge aus der Luft absichern will. Die Urenco-Zentrifugen verarbeiten das Uran nämlich in Form des chemisch hochbrisanten Uranhexafluorids. Die Lagerkapazität für diese Chemikalie – sie ist nicht nur radioaktiv, sondern bildet bei Kontakt mit Wasser auch die äußerst ätzende Flusssäure – soll nach dem Willen Urencos von derzeit gut 42.000 Tonnen auf über 59.000 Tonnen steigen. Bei einem Unfall mit Uranhexafluorid, warnt der Physiker Wolfgang Neumann von der Gruppe Ökologie Hannover, könne die hochgiftige Wolke dann bis ins Stadtzentrum von Gronau treiben. „Da ist so gut wie sicher, dass es auch Tote geben wird“, prophezeit er. „Restrisiko“, sagt Urenco-Sprecher Manfred Krey dazu. Und: „Andere Chemieanlagen sind auch nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert.“

Gefährdet ist durch die Urananreicherungsanlage aber nicht nur Gronau selbst. Per Bahn und Lkw legen die Container mit der Fluoridverbindung tausende von Kilometern zurück, oftmals durch dicht besiedeltes Gebiet. „Strahlend fährt der Tod durchs Land“, protestierte gestern die Umweltschutzorganisation Robin Wood auf der Landesgartenschau in Gronau.

Mit seinen drei Anreicherungsanlagen in Gronau, im niederländischen Almelo und im britischen Capenhurst deckt Urenco derzeit 15 Prozent des Weltmarkts an angereichertem Uran. Im letzten Jahr erwirtschaftete der Konzern nach eigenen Angaben 632 Millionen Euro Umsatz und einen Gewinn von 87 Millionen Euro. Die Urenco-Zentrifugen benötigten 60 Prozent weniger Energie als entsprechende Anlagen in den USA und Frankreich, sagt Krey – ein wirtschaftlicher Vorteil, der Kunden lockt. Nicht nur Gronau, auch die anderen Urenco-Standorte sollen daher ausgebaut werden. Krey: „Der Bedarf ist da.“

Wer in Deutschland aus der Atomenergie aussteigen wolle, dürfe den Ausbau und Weiterbetrieb von AKWs in anderen Ländern nicht sichern, argumentiert dagegen Robin Wood. Wie der Arbeitskreis Umwelt Gronau fordert die Organisation die Stilllegung der Anlage statt deren Kapazitätserweiterung. Bundesumweltminister Jürgen Trittin wollte das gestern nicht kommentieren.

Das bei der Anreicherung abfallende abgereicherte Uranhexafluorid lagerte anfangs in Containern auf dem Gelände. Russische Anlagen extrahieren daraus seit 1997 noch den letzten Rest brauchbares Uran. Künftig will sich der Konzern eine weitere Möglichkeit offen halten: Das Uranhexafluorid soll im südfranzösischen Pierrelatte in Uranoxid umgewandelt werden, das dann in Gronau gelagert wird. Künftige Generationen könnten, sagt Krey, könnten den „Wertstoff“ dann verfeuern – etwa in einem schnellen Brüter.

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