Preise an der Zapfsäule werden steigen

Ein Liter Normalbenzin wird schon bald 1,30 Euro kosten, sagen Wirtschaftsexperten voraus. Nach den Anschlägen in Saudi-Arabien sehen sie schwarz für den Ölpreis. Anstieg vor allem wegen großer Nachfrage. Die Opec will nun den Ölhahn öffnen

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Benzin wird noch teurer, die Fahrt mit dem Auto in den Sommerurlaub ein kostspieliges Vergnügen. Wirtschaftsexperten rechnen damit, dass der Preis für ein Liter Normalbenzin auf 1,30 Euro ansteigt. „Der Spritpreis kann in den kommenden Wochen wegen der politischen Unsicherheiten weiter steigen, womöglich um über 10 Prozent“, sagte der Chefvolkswirt der HypoVereinsbank, Martin Hüfner.

Hintergrund seien unter anderem die Terrorwarnungen aus den USA. Bei einem neuen Anschlag wie in Madrid oder in New York würde der Ölpreis nochmals in die Höhe schnellen. Das zeige sich prompt an den Zapfsäulen. Hüfner: „Dann sind wir schnell auch bei über 1,30 Euro für den Liter Benzin.“ In den Ferien müssten die Deutschen mit hohen Spritpreisen leben. Benzin werde dann schon allein wegen der Nachfrage nicht billiger. „Tanken bleibt teuer.“

Das gelte selbst dann, wenn die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) bis dahin den Ölhahn aufdrehen werde. „Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich höhere Fördermengen positiv auswirken“, sagte der Leiter der Konjunkturabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Gustav Horn. Auch er prophezeit, dass die Spritpreise drastisch ansteigen. „Wir haben derzeit einen richtigen Ölpreisschock.“ Den sieht Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz, nicht. Er glaubt, die Spitze sei „in etwa“ erreicht, sorgt sich allerdings auch um die politische Unsicherheit durch Terrorgefahren.

Heise: „Ein Anschlag kann immer negative Auswirkungen auf dem Ölmarkt haben.“ Der jüngste Terroranschlag in der saudi-arabischen Ölstadt Chobar hat auf jeden Fall Befürchtungen verstärkt, es könne beim Öl Engpässe geben. Schließlich ist Saudi-Arabien das wichtigste Erdöl-Exportland der Welt. Die Unsicherheit über die Lage dort könnte den Ölpreis in den USA nun wieder über die magische Marke von 40 Dollar je Barrel (knapp 159 Liter) treiben, sagten Experten.

In der Frage, wie dauerhaft der Anstieg ist, sind sie allerdings unterschiedlicher Meinung. Zwar erklärte die staatliche saudische Ölgesellschaft Aramco, dass alle Ölanlagen normal arbeiteten. Händler fürchten aber, militante Islamisten könnten auch Anschläge auf Ölproduktionsanlagen oder Verladestationen ausüben. Der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschafts-Archivs, Thomas Straubhaar, erwartet, dass sich diese Ängste schnell wieder legen. Die Preise, so erklärt er, stiegen aus einem anderen Grund: dem wachsenden Öldurst in den USA, in China und Japan. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat vor kurzem geschätzt, dass im vierten Quartal diesen Jahres der weltweite Tagesverbrauch bei 82,5 Millionen Barrel liegt – das sind 3,8 Millionen Barrel mehr als im laufenden.

Derzeit fördern die Opec-Länder etwa 26 Millionen Barrel täglich – und stellen knapp ein Drittel des weltweiten Ölangebots. Am Donnerstag will das Ölkartell nun in Beirut über eine kräftige Fördererhöhung beraten.