Debatte auch in Spanien

Madrider Regierung schiebt zwei radikale Islamisten heimlich ab. Kritik kommtvon der Linken, während ein muslimischer Dachverband Zustimmung signalisiert

MADRID taz ■ In Spanien geht es schneller. Dort wurden zwei radikale Islamisten abgeschoben, ohne dass dies zuvor bekannt wurde. Um wen es sich dabei handelt, wurde nicht veröffentlicht. Am Wochenende sickerte nur durch, dass einer der beiden marokkanischer Staatsbürger sein soll. Um die beiden des Landes zu verweisen, legte das Innenministerium das Ausländergesetz großzügig aus. Sie wurden wegen Unregelmäßigkeiten bei ihrer Aufenthaltsgenehmigung des Landes verweisen.

Gegen die zwei lagen keinerlei gerichtsverwertbare Erkenntnisse vor. Dennoch seien sie „eine Gefahr für die nationale Sicherheit“ gewesen, heißt es aus dem Ministerium. Sie sollen Kontakte zu einem Teil der 40 mutmaßlichen radikalen Islamisten unterhalten haben, die nach dem Attentat auf Pendlerzüge in Madrid am 11. März verhaftet wurden. Es ist das erste Mal, dass Madrid zum Mittel der Abschiebung greift.

Insgesamt, so vermuten Ermittler, halten sich in Spanien rund 300 gewaltbereite Islamisten auf. Die meisten von ihnen durchliefen Trainingscamps in Afghanistan oder kämpften in Bosnien oder Tschetschenien. Bis zum 11. März war Spanien für die Radikalen Ruheraum. Die Polizei sammelte Informationen, gab sie auch bereitwillig an andere Länder weiter, unternahm aber sonst nichts.

Nach dem 11. März begann die Diskussion, wie mit radikalen Islamisten umzugehen sei. Innenminister José Antonio Alonso machte den Vorschlag, die Prediger aller Moscheen staatlich überwachen zu lassen. Das stieß nicht nur bei Muslimen auf Proteste. Auch nach den Abschiebungen werden jetzt Stimmen laut, die um die Bürgerrechte fürchten. „Dass das Ausländergesetz für die Abschiebung von Terroristen benutzt wird, hinterlässt einen denkbar schlechten Eindruck“, erklärt Gaspar Llamazares, dessen Vereinigte Linke (IU) die sozialistische Regierung unterstützt. Zustimmung zu den Abschiebungen gab es erstaunlicherweise von einem der beiden großen muslimischen Verbänden, der UCI. „Alle, die gegen das Zusammenleben im Aufnahmeland vorgehen, gehören abgeschoben“, erklärte deren Sprecher Jilal Abousi.

Auch in Frankreich hatte es zuletzt Diskussionen um die Abschiebung radikaler Muslime gegeben. Erst vor einem Monat wurde der türkische Leiter einer Pariser Moschee in Abschiebehaft genommen, der die französische Sektion der Bewegung von Metin Kaplan führen soll. Premierminister Jean-Pierre Raffarin verteidigte damals die harte Linie gegen „Prediger, die im Namen der Religion Politik machen“. REINER WANDLER