Burundi hofft auf deutsche Hilfe

Domitien Ndayizeye, neuer Hutu-Präsident von Burundi, kommt heute zum Staatsbesuch nach Deutschland. In seinem Land eskaliert gerade der Krieg

BERLIN taz ■ Mit hohen Erwartungen kommt Burundis Präsident Domitien Ndayizeye heute nach Deutschland; mit leeren Händen wird er voraussichtlich wieder abreisen. Trotz wiederholter Zusagen der Bundesregierung, ihre Entwicklungshilfe wieder aufzunehmen, zum Wiederaufbau beizutragen und die 2000 geschlossene deutsche Botschaft in der Hauptstadt Bujumbura wiederzueröffnen, wird Burundis neuer Hutu-Präsident keine konkreten Umsetzungsbeschlüsse hören, wie aus deutschen Regierungskreisen zu erfahren ist.

Der Grund: In Burundi herrscht nach wie vor Krieg. Nachdem Ndayizeye am 5. Juli auf seine Rundreise durch Libyen, Belgien, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande aufbrach, starteten Rebellen der radikalen Hutu-Bewegung FNL (Nationale Befreiungsfront) einen Großangriff auf die Hauptstadt. Schwerer Artilleriebeschuss auf südliche Viertel Bujumburas und Gegenangriffe der Armee forderten bis gestern mindestens 28 Tote. In den Wochen zuvor trieben Kämpfe im Norden des Landes bereits über 65.000 Menschen in die Flucht.

Burundis Botschafter in Berlin, Térence Nsanze, hofft dennoch auf eine „führende Rolle“ Deutschlands, das Wirtschaftshilfe leisten und als Vermittler wirken solle. Belgien stellte Ndayizeye bereits Budgethilfe in Aussicht, und die internationalen Geldgeber haben ihre Zusammenarbeit mit Burundi längst wieder aufgenommen. Das soll zum Ende eines Krieges beitragen, der seit 1993 über 300.000 Tote in dem sieben Millionen Einwohner zählenden Land gefordert hat.

Burundis Friedensprozess kommt nämlich auf dem Papier stetig voran. Seit November 2001 amtiert gemäß einem Friedensabkommen eine nach Hutu und Tutsi quotierte Übergangsregierung. Am 30. April 2003 übernahm der Hutu Ndayizeye das Amt des Präsidenten von seinem Tutsi-Vorgänger Pierre Buyoya. Mit drei der vier Rebellengruppen, darunter dem Hauptflügel der größten Gruppierung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), schloss die Regierung 2002 einen Waffenstillstand ab.

Doch nicht nur der Friedensprozess geht weiter, sondern auch der Krieg. Die FDD hielt ihren Waffenstillstand nie ein, und der Hauptflügel der FNL kämpft sowieso weiter. „Dass ein Hutu Präsident wird, ändert nichts, denn das System bleibt gleich“, erklärte FDD-Sprecher Gélase Ndabirabe. Radikale Hutu sind dagegen, dass in Burundi überhaupt noch Tutsi politischen Einfluss haben. Die hohen Erwartungen an ein stärkeres außerafrikanisches Engagement erklären sich vor diesem Hintergrund auch daraus, dass Burundi inzwischen Schauplatz der ersten Friedensmission der Afrikanischen Union (AU) ist und damit als Modell dient. Aus einer 2001 entsandten 600 Mann starken Schutztruppe aus Südafrika ist eine 3.099 Mann starke AU-Friedenmission aus 1.600 Südafrikanern, 1.297 Äthiopiern und 202 Mosambikanern geworden. Ihre Hauptaufgabe neben dem Schutz der Institutionen ist die Demobilisierung williger Rebellen.

Im Vorfeld davon spielte Deutschland indirekt eine eher unrühmliche Rolle. Im Dezember 2002 versorgte der internationale Arm der „Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit“ (GTZ-IS) im EU-Auftrag kämpfende FDD-Rebellen mit Lebensmitteln – in der Hoffnung, sie so von Plünderungen abzuhalten. Die gut gemeinte Aktion ermöglichte der FDD, ihre eigenen Waffenstillstandszusagen zu ignorieren und neue Kämpfer anzuwerben. Inzwischen wurde die Hilfe gestoppt – aber jetzt haben Helfer größte Schwierigkeiten, Rebellen erneut zur Demobilisierung zu bewegen.

Erst am 26. Juni rückten die ersten 22 Rebellen ins Demobilisierungslager von Muyange ein, gefolgt von 150 am 4. Juli. Die südafrikanische Schutztruppe des Lagers eröffnete bei einem Rebellenangriff am 30. Juni das Feuer und tötete drei FDD-Kämpfer. Verglichen mit der Untätigkeit von UN-Soldaten im benachbarten Kongo war das ein mutiger Schritt.

DOMINIC JOHNSON