Anwalt beklagt „Mafia von Charleroi“

Der Hauptverteidiger des mutmaßlichen Kindermörders Marc Dutroux fordert eine neue Beweisaufnahme und erklärt, Dutroux sei nicht allein schuld am Tod der Kinder

ARLON dpa/ap ■ Der Hauptverteidiger des mutmaßlichen Kindermörders Marc Dutroux hat eine Verlängerung des Verfahrens und eine neue Beweisaufnahme verlangt. Das Verfahren habe in den vergangenen drei Monaten zu viele Fragen offen gelasssen, sagte Xavier Magnée gestern in Arlon. Im Übrigen sieht der Anwalt in der „Mafia von Charleroi“ eine Ursache für die Taten, die zum grausamen Tod von vier Mädchen führten. An die zwölf Geschworenen gerichtet sagte Magnée: „Haben Sie eine Antwort auf die Fragen, die ich hier stelle? Die das ganze Land stellt? Nein.“

Magnée zeichnete in seinem Plädoyer gestern ein Bild von der Heimatstadt Dutroux’, in der Verstrickungen zwischen Kriminellen und der Polizei an der Tagesordnung gewesen seien. Seinen Mandaten hält Magnee nicht für den allein Verantwortlichen.

„Er ist nicht der alleinige Teufel“, sagte Magnée. Er appellierte, sich bei allem Respekt für die Opfer nicht von der vorgefertigten öffentlichen Meinung beeinflussen zu lassen. Für die belgische Bevölkerung sei Dutroux in allen Punkten schuldig. Der leitende Untersuchungsrichter Jacques Langlois sei längst nicht allen Spuren nachgegangen.

Die Umtriebe von Kriminellen wie Dutroux sei von vielen Polizisten gebilligt worden. In der Stadt habe es mehrere Etablissements gegeben, in denen auch Kinder hätten prostituiert werden können, sagte Magnée. So sei in einem der Bordelle ein Verlies gefunden worden, in dem Kinder hätten eingesperrt werden können. Die Ermittler habe aber all dies nicht interessiert. Sich jetzt auf den mitangeklagten vorbestraften Brüsseler Geschäftsmann Michel Nihoul als Bindeglied zwischen Dutroux und einem Pädophilen-Ring zu konzentrieren, werde dem Fall nicht gerecht.