Azubi-Boom an den Unis

Wenigstens an NRW-Hochschulen steigt die Zahl der Ausbildungsplätze – aufgestockt wurde auf 2.200 Plätze. Die freie Wirtschaft verabschiedet sich hingegen aus der Ausbildung

VON Salvio Incorvaia

Während in der freien Wirtschaft Lehrstellen abgebaut werden, entwickeln sich die öffentlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen zu vielseitigen Ausbildungsanbietern. „Eine qualifizierte berufliche Ausbildung ist eine wesentliche Vorraussetzung für den erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben und die Sicherung des späteren Arbeitsplatzes“, sagt Hannelore Kraft (SPD), Landesministerin für Wissenschaft und Fortschung. Außerdem schaffe eine qualifizierte Ausbildung die Grundlagen für ein lebenslanges Lernen im Beruf, das aus der modernen Wissensgesellschaft nicht wegzudenken sei.

Mehr als 60 Prozent aller Ausbildungsstellen des Bundeslandes werden inzwischen an den Hochschulen angeboten, mit steigender Tendenz. Das NRW-Wissenschaftsministerium investiert jährlich rund 22 Millionen Euro in die Ausbildungsgänge an den Hochschulen, mit Erfolg: An den 28 staatlichen Universitäten und Fachhochschulen sowie den angeschlossenen medizinischen Einrichtungen werden insgesamt 2.238 Ausbildungsplätze in 68 verschiedenen Berufsfeldern angeboten – vom Arzthelfer bis zum Zerspanungsmechaniker. Das Spektrum umfasst dabei kaufmännische, technische, handwerkliche und auch künstlerische Berufe.

Das Angebot sämtlicher NRW-Hochschulen kann jetzt über eine zentrale Datenbank des Wissenschaftsministerium über das Internet abgerufen werden. Dort finden sich Informationen über die Ansprechpartner vor Ort, Detailangaben zum jeweiligen Berufsbild und Links. „Hochschulen sind auch Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Technik, Computer, Bürokommunikation oder Medizin“, so eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums.

Gemessen am Zuwachs der Ausbildungsplatzangebote der Fachhochschulen und Universitäten sinkt die Zahl der Lehrlinge in der freien Wirtschaft immer weiter: Insgesamt standen in Nordrhein-Westfalen am Ende des Jahres 2003 rund 318.900 junge Leute in einer beruflichen Ausbildung. Das waren 11.000 oder 3,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Davon absolvieren 168.600 von ihnen eine Lehre in der privaten Industrie oder Handel.

Vom Rückgang stark betroffen ist vor allem das Handwerk: Die Betriebe meldeten am Ende des vergangenen Jahres rund 97.400 Auszubildende. Das waren 5.200 oder 5,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Damit sank das Angebot der Ausbildungsplätze auf den Stand des Jahres 1960.

„Inzwischen hat die Zahl der Lehrlinge im ehemals starken Ausbildungsanbieter Handwerk einen historischen Tiefstand erreicht“, teilte das Statistische Landesamt mit.