Ölmärkte warten auf Beruhigungspille

Die Minister der Opec-Staaten werden heute in Beirut wahrscheinlich eine Erhöhung der Förderquote beschließen. Das sorgt zwar nicht unbedingt für bedeutend mehr Öl. Aber vielleicht für etwas Entspannung bei Händlern und Politikern weltweit

AUS BERLIN STEPHAN KOSCH

Die elf Männer dürften unter größerem Erwartungsdruck stehen als jede Fußballmannschaft der Welt. Denn vom heutigen Treffen der zuständigen Minister aus der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) in Beirut erhofft sich die Weltwirtschaft Erleichterung für den angespannten Erdölmarkt.

Das Kartell, das über drei Viertel der weltweiten Ölreserven verfügt, hat großen Einfluss auf die Rohölpreise, weil es über Förderquoten die Menge des verfügbaren Öls auf dem Weltmarkt bestimmt. Bereits gestern stellte der Ölminister Katars, Abdullah al-Attijah, eine Erhöhung der Opec-Quote um 11 Prozent in Aussicht und nahm so ein wenig Druck aus dem Markt. Die Ölpreise sanken um 60 US-Cent je Barrel (159 Liter), das aber noch immer gut 38 Dollar kostete. Damit lag es weit außerhalb des von der Opec anvisierten Preiskorridors von 22 bis 28 Dollar.

Ganz sicher ist die Erhöhung aber noch nicht. Unter anderem hatte sich Venezuela dagegen ausgesprochen. Denn je höher der Preis, desto höher auch die Einnahmen für die Staaten. Doch weil zu hohe Preise das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern lähmen und dann weniger Öl gebraucht würde, würden sich die Opec-Staaten mit einer künstlichen Verknappung mittelfristig schaden.

Neben den wirtschaftlichen Fragen sorgt aber auch der Anschlag im saudi-arabischen Ölzentrum Chobar vom Wochenende für weiteren weltpolitischen Druck, sagt Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, im Gespräch mit der taz. Weil al-Qaida gezielt die Ölversorgung der westlichen Welt ins Visier nahm, könnte eine Beibehaltung oder Senkung der Quoten als „Einknicken“ vor dem Terrorrismus verstanden werden. „Auch deshalb wäre eine Erhöhung der Förderquote zu begrüßen“, sagt Kemfert.

Faktisch dürfte ein solcher Schritt über ein psychologisches Signal aber nicht hinausgehen. Denn noch reichen die weltweit produzierten Ölmengen aus, um die Nachfrage zu stillen. Und 2,5 Millionen Barrel pro Tag mehr, wie jetzt angedacht, machen nur 2 bis 3 Prozent des globalen Verbrauchs aus.

Der Preis wird derzeit vor allem durch die Angst vor einer bevorstehenden Versorgungsknappheit nach oben getrieben. Sollte ein weiterer Anschlag Saudi-Arabien treffen, würde diese Furcht noch geschürt. Denn Saudi-Arabien ist das einzige Land, das kurzfristig noch freie Kapazitäten in seinen Raffinerien und Fördertürmen mobilisieren kann, und hatte sich auch für eine Erhöhung der Quote eingesetzt. Zwar pumpen die Opec-Staaten seit Monaten nach Expertenschätzung schon rund 2 Millionen Barrel pro Tag mehr als vereinbart aus ihren Feldern. Höhere Förderquoten allein würden die Märkte also nicht reicher an Öl machen. Aber beruhigen würde es sie schon.