verpasst?: Krawallquatsch
„Anne Will“, So., 21.45 Uhr, ARD
Diesmal waren es wirkliche Experten, die Anne Will zur Analyse der Hessen-Wahl gebeten hatte. Sahra Wagenknecht war als authentische Vertreterin der hessischen Linkspartei geladen, an deren Beispiel Brigitte Seebacher-Brandt die Verwerflichkeit der Linken illustrieren durfte, Michel Friedmans Rolle war es, das Ganze von der Warte einer höheren politischen Moral aus zu beleuchten. Auch die Themen purzelten durcheinander, irgendwie lief es dann auf die Finanzkrise und die daraus folgende Wiederkehr des Sozialismus hinaus.
Vermutlich sollten die drei dem Politgerede eines Wahlabends Originelles entgegensetzen, doch brachte der Wunsch nach Krawall den entgegengesetzten Effekt hervor: Die beiden geladenen Berufspolitiker, Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, erschienen als die einzig Vernünftigen in der Runde – was aber dazu führte, dass ihnen Will nach jedem geraden Halbsatz das Wort abschnitt. Rüttgers hatte irgendwann genug und attackierte, als er auf Wagenknecht nicht antworten durfte, die Moderatorin frontal: „Warum lassen Sie dann dieses Verstaatlichungsgequatsche zu?“ Dagegen mag man einwenden, dass ebendieser Rüttgers als Erster von Verstaatlichung gesprochen hatte. An diesem Abend aber, dem das Thema irgendwie abhandenkam, war man ihm für die Intervention dankbar. Und fragte sich, wie lang man sich solches Gequatsche im Öffentlich-Rechtlichen noch antun muss. RAB
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen