Wenn Software-Söldner Folterknechte werden

Durch Abu Ghraib ist die Computerfirma Caci International ins Visier der US-Behörden geraten. Inzwischen laufen fünf Ermittlungen

NEW YORK taz ■ Auslöser war die Misshandlung Gefangener in Abu Ghraib, doch inzwischen steckt Caci International in viel größeren Schwierigkeiten. Insgesamt fünf Ermittlungen wurden schon gegen die Computerfirma aus Virginia eingeleitet. Unter anderem wird untersucht, warum ihre Angestellten als Verhörpersonal im Irak arbeiten, obwohl sie dafür keinen Auftrag haben.

Laut Wall Street Journal soll die Armee die Vernehmungsspezialisten der Firma eingestellt haben, obwohl Caci (California Analysis Center Incorporated) nur einen Auftrag hatte, US-Militärbasen in aller Welt mit Computern und Zubehör auszustatten. Mit der Einstellung von Verhörspezialisten wurde die Firma im vergangenen Herbst beauftragt, nachdem sich die US-Armee entschlossen hatte, 30 Zivilisten einzustellen. Bezahlt wurde Caci für seine Arbeit aber unter dem sechs Jahre alten „IT-Service-Contract“, der vom US-Innenministerium verwaltet wird. Durch dieses Gemauschel blieben die Ausgaben für die Vernehmungsspezialisten vor den Buchhaltern des Verteidigungsministeriums mehrere Monate lang verborgen. Jetzt will die General-Services-Behörde, die bestimmt, welche Firmen sich für Regierungsaufträge eignen, der Sache auf den Grund gehen.

Eine unangenehme Situation für Caci und seine 9.400 Mitarbeiter, deren Umsatz zu 90 Prozent von Regierungs- und Pentagonaufträgen abhängt. Falls sich herausstellt, dass die Firma Dreck am Stecken hat, müsste sie im schlimmsten Fall mit einer Ausschließung von Regierungsaufträgen rechnen. Caci-Boss Jack London und Wall-Street-Analysten glauben nicht, dass es so weit kommt. Allerdings sind die Anleger der Firma nicht so optimistisch. Viele sind bereits geflüchtet. Am Tag, als die Ermittlung gegen Caci bekannt wurden, fiel der Aktienpreis der Söldnerfirma um mehr als 5 Prozent.

Es könnte noch schlimmer werden. Bei den vier weiteren Untersuchungen gegen die Firma handelt es sich laut London um zwei Ermittlungen wegen der Folter in Abu Ghraib. Außerdem untersuchen das Innen- wie das Verteidigungsministerium die Aufträge und die Preise, die Caci für seine Arbeit in Rechnung stellte.

Das ist eine Kehrtwende. Denn bis jetzt ging es mit der Firma, die vor vierzig Jahren gegründet wurde, um Programmiersprachen für Kriegsspiele zu entwickeln, immer volle Pulle voraus. Seit dem Beginn des War on Terror hat sich der Profit von ungefähr 22 Millionen Dollar auf 44 Millionen verdoppelt. Auf seiner Webseite suchte Caci dringend nach neuen Mitarbeitern. Wer ein „Top secret clearance“-Zertifikat in der Tasche hatte – also von der US-Regierung einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden war –, konnte bei Caci schnell Karriere machen und viel verdienen. Laut dem New Yorker können Firmen wie Caci für die gefährliche Arbeit im Irak ein Gehalt von über 100.000 Dollar zahlen, viel mehr als das, was ein Soldat verdient. Unter den Caci-Angestellten befand sich auch Steven Stefanowicz. Im Untersuchungsbericht von General Antonio Taguba wurde ihm vorgeworfen, er habe sich an der Misshandlung in Abu Ghraib beteiligt. Stefanowicz behauptet, er sei unschuldig.

Das Ziel der Firma ist es nun, den Skandal so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Andere haben das geschafft. Dyncorp zum Beispiel. Als ihre Mitarbeiter vor ein paar Jahren als Polizisten für die UN in Bosnien beschäftig waren, sollen sie sich am Handel mit Prostituierten beteiligt haben. Dennoch erhielt die Söldnerfirma im vergangenen Jahr den lukrativen Auftrag, die irakische Polizei auszubilden. Als Kritik aufkam, meinten Beauftragte der Regierung, es sei schade, dass Einzeltäter das ehrenhafte Werk so vieler in den Schatten stellen würden. Auch Caci hat bereits neue Projekte in der Tasche. Erst vor einer Woche erhielt die Firma einen Auftrag in der Höhe von 88 Millionen Dollar, um die US Navy mit ihrem technischen Wissen zu unterstützen.

HEIKE WIPPERFÜRTH