Dicht am Geschehen

Und läuft es sportlich auch eher mäßig, lassen sich die Fans der Hamburg Blue Devils das Feiern nicht vermiesen

Hamburg taz ■ Hamburg liegt in Nordamerika. Diese Aussage mag bestätigen, wer einem Heimspiel des Football-Teams der Hamburg Blue Devils beiwohnt. Da tanzen bunt bekleidete Cheerleader, so oft es irgend geht, dröhnen Gassenhauer aus riesigen Boxen, rennen diverse Maskottchen und Fahnenträger am Spielfeldrand herum. Und selbst der Stadionsprecher bedient sich amerikanischen Wortschatzes, um die Geschehnisse auf dem Rasen zu erklären.

„American Football konzentriert sich nicht nur auf den reinen Sport“, bestätigt der Sportdirektor der Blue Devils, Andreas Heddergott. „Das ist in Hamburg super eingeschlagen.“ Das Spiel selbst scheint nebensächlich, das Publikum feiert vielmehr sich selbst und nimmt dankbar zur Kenntnis, wenn die Akteure auf dem Rasen einen weiteren Anlass geben, in die zahlreichen Tröten zu pusten. Das war nicht immer so: „Im letzten Jahr waren wir noch insolvent“, sagt Heddergott. Nur Dank eines Investors dürfen die Anhänger der Devils sich und ihr Team weiter feiern. Heute sei man schuldenfrei und habe „etwa 500.000 Euro“ Etat. „Braunschweig hat eineinhalb Millionen“, sagt Heddergott.

Warum der Norden mit seinen Top-Teams wie den Braunschweig Lions und den Hamburg Blue Devils auch noch häufiger als die anderen Siege bejubeln darf, weiß der Sportdirektor selbst nicht genau. „Eigentlich ist das widersinnig, denn der Ursprung des Footballs in Deutschland liegt in den amerikanischen Militärstützpunkten im Süden.“ Im Durchschnitt seien es 5.000 Fans die regelmäßig kämen – bis vor kurzem noch in die AOL-Arena, nun ans Millerntor, wo man „Kosten spart, und alles dichter am Geschehen ist“. Gegen Braunschweig kamen am Sonnabend sogar mehr als 9.000 Anhänger. Doch sieht Heddergott gegen andere Sportarten wie Fußball oder Handball perspektivisch „kein Ankommen“, zumal sich den Blue Devils nicht gerade die Sponsoren aufdrängten. Immerhin habe man mit einem großen Bulettenbrater nun einen für die Liga gefunden. Berichterstattung gebe es bloß noch lokal, wenn auch das Deutsche Sportfernsehen kurzzeitig berichtet hatte.

Die German Football League (GFL) schreibt vor, dass in den 70 Mann starken Mannschaftskadern nur sechs Spieler aus den USA kommen sollen und lediglich zwei davon unter den elf Spielern auf dem Rasen stehen dürfen – häufig auf „Schlüsselpositionen“. Heddermann betont: „Alle Spieler sind Amateure.“ Und selbst jene aus den USA waren für die NFL nicht gut genug. Die Fans feiern trotzdem. Wie in Amerika. Tonio Postel

Hamburg Blue Devils – Braunschweig Lions 21:26; Hamburg ist auf dem 6. Platz das Schlusslicht der German League Nord.