Greise Erbin mit ungebrochenem Kampfgeist

Die österreichische Emigrantin Maria Altmann erstreitet in den USA Urteil zur Herausgabe von Nazis geraubter Kunst

„Gott sei Dank, die Gerechtigkeit hat gesiegt“, soll Maria Altmann ausgerufen haben, als sie von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Washington erfuhr, eine Klage gegen die Republik Österreich vor US-amerikanischen Gerichten zuzulassen. „Meine erste Reaktion ist eine kolossale Dankbarkeit an den Supreme Court. Das Urteil ist mit sechs zu drei besser, als man nur hoffen konnte“, erklärte die 88-jährige Klägerin gegenüber der Austria Presse Agentur.

Die in Los Angeles lebende gebürtige Österreicherin bemüht sich seit Jahren um sechs Bilder des österreichischen Jugenstilmalers Gustav Klimt (1862–1918). Das teuerste und berühmteste davon ist ein in Goldornamente eingebettetes Porträt einer Tante von Maria Altmann, der Industriellengattin Adele Bloch-Bauer, aus dem Jahr 1907. Es ist eines der Juwele der Österreichischen Galerie Belvedere, wo die bedeutendste Klimt-Sammlung ausgestellt ist. Auch die anderen fünf Gemälde – zwei weitere Frauenporträts und drei Landschaftsbilder – hängen im Belvedere. Die Kunstwerke gehörten Adeles Ehemann Ferdinand Bloch-Bauer, einem jüdischen Zuckermagnaten. Das Haus der beiden war im Wiener Fin de Siècle ein wichtiger gesellschaftlicher Treffpunkt: Hier verkehrten Künstler wie Stefan Zweig, Gustav und Alma Mahler. Maria Altmann erinnert sich an ihre Tante als „leidend, immer mit Kopfweh, rauchend wie ein Schlot“. Bevor Adele Bloch-Bauer 1925 mit 43 Jahren starb, verfügte sie, dass die Klimt-Bilder nach dem Tod ihres Mannes an die Republik Österreich gehen sollten.

Dem kamen die Nationalsozialisten zuvor. Ferdinand Bloch musste die Kunstwerke 1938 einem „kommissarischen Verwalter“ übergeben, bevor er in die Schweiz floh. In seinem Testament setzte er sich über den Wunsch seiner Frau hinweg und setzte seinen Neffen und seine zwei Nichten als Alleinerben ein. Jedoch hatte er bei seinem Tod 1945 nichts mehr zu vererben.

Maria Altmann bekam 1937 zu ihrer Hochzeit mit dem Industriellen Fritz Altmann von Onkel Ferdinand ein Diamantenkollier, das Adele gehört hatte. Wenig später landete Fritz Altmann im KZ Dachau und der Diamantschmuck am Hals von Frau Göring. Die Altmanns konnten sich vor den Nazis in die USA retten.

Maria lebt seit 1942 in Los Angeles und nahm 1945 die US-Staatsbürgerschaft an. Mehrmals hatte sie sich mit ihren Geschwistern Robert und Luise schon bemüht, an die Bilder heranzukommen. Eine von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer eingesetzte Kommission, die die österreichischen Museen auf restitutionspflichtige Objekte durchforstete, kam aber zu dem Schluss, dass die umstrittenen Klimt-Bilder nicht durch Arisierung, sondern durch rechtskräftige private Verfügung an die Österreichische Galerie gelangt seien. Gehrer empfahl der Erbin, ihre Ansprüche auf dem Klageweg durchzusetzen. Diese wandte sich nicht an die österreichische Justiz, sondern an die ihrer neuen Heimat. RALF LEONHARD