Seoul will späteren US-Truppenabzug

Südkorea von US-Abzugsplänen überrascht. Konservative Opposition sieht darin Strafaktion für Kritik an US-Militär

TOKIO taz ■ In Südkorea haben die Pläne der USA, ein Drittel ihrer dortigen Truppen abzuziehen, heftige Reaktionen ausgelöst. Die konservative Opposition spricht von einer „schockierenden Entscheidung“. Am Montag war überraschend bekannt geworden, dass die USA im Rahmen globaler Umstrukturierungen ihre Truppen in Südkorea von 37.000 bis Ende 2005 auf 24.500 Soldaten reduzieren wollen.

Südkoreas Verteidigungsministers Cho Young Kil sagte: „Es braucht weitere Verhandlungen mit den USA.“ Gestern endeten in Seoul zweitägige Militärgespräche mit den USA. Unstimmigkeiten bestehen vor allem über den Zeitrahmen der Truppenreduzierung. Seoul wünscht mehr Zeit, um die eigene Verteidigungsbereitschaft zu stärken. Südkoreas Armee hat 690.000 Soldaten. Ihnen gegenüber stehen 1,1 Millionen Soldaten Nordkoreas.

Das Pentagon beschwichtigt, es werde seinem Alliierten aus dem Koreakrieg (1950–1953) weiter die Treue halten. Die Personalreduzierung würde mit verstärkter Feuerkraft kompensiert: Elf Milliarden Dollar wollen die USA in den nächsten fünf Jahren in militärisches Gerät ihrer in Südkorea stationierten Truppen investieren. Der stellvertretende Pentagon-Staatssekretär Richard Lawless sagte in Seoul, Einzelheiten würden mit Südkoreas Behörden diskutiert. Doch scheint man dort wenig Hoffnung zu haben, die US-Pläne beeinflussen zu können.

Dass sich Südkoreas jetzige Regierung nun um die US-Truppen bemüht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Denn Präsident Roh Moh Hyun hatte seinen Wahlkampf 2002 mit Amerika-kritischen Tönen geführt und war auf einer populären Welle des Protestes gegen das Verhalten der US-Streitkräfte im Land ins Amt gespült worden. Politiker der oppositionellen Großen National-Partei sehen denn jetzt auch eine Strafaktion Washingtons, zumal die USA künftig auch keine Soldaten mehr zwischen der Hauptstadt und der Demarkationslinie am 38. Breitengrad stationieren wollen. Dieses Gebiet wäre bei einem nordkoreanischen Angriff zuerst betroffen. Die Neuausrichtung der US-Truppenpolitik in Ostasien beschränkt sich nicht auf Südkorea. Die japanische Zeitung Asahi berichtete am Montag, 14.000 Marines würden vom südlichen Okinawa auf Japans nördlichste Hauptinsel Hokkaido verlegt. Als US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor einigen Monaten Okinawa besuchte, beklagte sich dessen Gouverneur über die Belastung durch die US-Basen. MARCO KAUFFMANN