Deutsch-italienische Sommerkrise beigelegt

Tourismus-Staatssekretär Stefani entschärft mit seinem Rücktritt auch Spannungen in Berlusconis Rechtskoalition

ROM taz ■ Freitagabend war es soweit: Stefano Stefani, italienischer Tourismus-Staatssekretär mit Vorliebe für deutsche Besucher, reichte seinen Rücktritt ein und beendete so die deutsch-italienische Sommerkrise. Darf man Stefani glauben, dann war es ein Rückzug aus erwiesener Unschuld. Der Lega-Nord-Politiker donnerte auf einer Parteiversammlung, er habe die Schnauze voll; Italien sei ein „merkwürdiges Land“, in dem derjenige angeprangert werde, der die Nation gegen eine „dem ganzen italienischen Volk“ zugefügte Beleidigung verteidigt habe – gemeint ist die Schulz-Philippika gegen Berlusconi im Europaparlament.

In Interviews legte er gestern nach und machte des Kanzlers beschränkten Verstand für die Krise verantwortlich: „Wenn Schröder geistreich oder auch bloß intelligent wäre, hätte er mich verstanden.“ So geht Lega-Logik: Wenn Schulz Berlusconi angreift, hat er das ganze italienische Volk geschmäht, wenn Stefani „den Deutschen“ Rülpswettbewerbe und „supernationalistisches“ Gehabe ankreidet, „war das Ziel Martin Schulz“.

In der Lega Nord muss Stefani kaum mit Konsequenzen rechnen. Er bleibt Parteipräsident und Verantwortlicher für die Medien der Lega. Ihre Koalitionspartner dagegen sind froh, Stefani los zu sein, der mit seinen Breitseiten ökonomischen Schaden im Tourismus heraufbeschwor und damit viele Unternehmer zu verprellen drohte.

Zudem steckt die Berlusconi-Koalition seit ihrer Niederlage bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai/Juni in einer Krise; der Machtkampf zwischen Berlusconis drei Koalitionspartnern – der Lega Nord, der postfaschistischen Alleanza Nazionale (AN) und der christdemokratischen Zentrumsunion (UDC) – ist offen ausgebrochen. Im Mittelpunkt stehen innenpolitische Themen wie Rentenreform und Fiskalpolitik, doch AN und UDC wollten auch eine weitere Belastung der italienischen EU-Position nicht dulden. So wurde der Stefani-Rücktritt zum Posten im Koalitionsdeal, so konnte Berlusconi vor Journalisten versichern, sein Verhältnis zum Kanzler sei „ausgezeichnet“, und so durften die Berlusconi-treuen Nachrichten auf dem Staatssender RAI melden: „Krise beigelegt. Schröder kommt nach Italien“. Nein, nicht sofort: im Jahr 2004.

Die deutschen Touristen aber, die sich jetzt schon in Stefanis Heimatstadt Vicenza oder in Schröders Pesaro zeigen, dürfen dem unflätigen Exstaatsekretär dankbar sein: Sie werden mit Blumen und Wein empfangen.

MICHAEL BRAUN