„Man kann auch Pyramiden bauen“

Hans-Georg Engelken, Vorstand der insolventen Cargolifter AG, über das weiterhin Bestechende der Luftschifftechnologie als zukunftsorientierte Investition und warum ein weiterer Freizeitpark in einer Region mit 20 Prozent Arbeitslosigkeit Quatsch ist

Interview ROLAND HOFWILER

taz: Wie fühlt man sich als Alleinvorstand, wenn man sieht, wie sich alle Träume auflösen?

Hans-Georg Engelken: Das sind nicht „alle meine Träume“. Cargo ist ein sehr ehrgeiziges Entwicklungsprojekt, dem auf zwei Drittel der Strecke das Geld ausgegangen ist. Geld, von dem 320 Millionen Euro von den 70.000 Aktionären und nur rund 50 Millionen Euro vom Staat kamen. Davon wurden die Produktionshalle und der Transportballon CL 75 gebaut, Entwicklungs- und Markterschließungsleistungen erbracht. Die 70.000 Aktionäre gibt es immer noch, das Unternehmen ist immer noch an der Börse notiert, und Insolvenzverwalter Rolf-Dieter Mönning kommt nur seinen Auftrag nach, den er vom Insolvenzgericht und dem politisch dominierten Gläubigerausschuss bekommen hat.

Aber der Insolvenzverwalter sagt wörtlich: „Es wird weltweit keine Leichter-als-Luft-Technologie geben. Wenn es eine Chance dafür gäbe, hätte ich sie bei meiner einjährigen Investorensuche schon gefunden.“ Jetzt soll dort eine Tropenlandschaft entstehen. Cargolifter ist also endgültig Geschichte?

Moment, Moment. Von der Idee CargoLifter waren nicht nur die Gründer, die Aktionäre und die Mitarbeiter überzeugt oder begeistert, sondern hunderttausende private Besucher und solche aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Aber mit den Problemen und der politischen Verweigerung jeder Unterstützung drehte die Stimmung – zumindest die öffentliche. Unter solchen Rahmenbedingungen kann kein Insolvenzverwalter private Investoren finden. Die Politiker, die Gläubiger, die Verantwortlichen im Bund und in Brandenburg wissen,dass der Bau eines weiteren Freizeitparks in dieser Region, in der nahezu jeder Fünfte arbeitslos ist, die schlechteste Variante darstellt und eine Entwertung der Halle.

Aber das Konsortium hat den Zuschlag bekommen, für gerade mal 17,5 Millionen Euro. Dabei beträgt der Verkehrswert der Cargolifter-Immobilie allein schon 87 Millionen Euro.

Eben, die von CargoLifter geschaffenen Werte verdienen mehr. Verlassen wir einmal das Angebot und widmen uns der prinzipiellen Frage: Was wollen wir in Deutschland? Tropenlandschaften oder in der Leichter-als-Luft-Technologie weltweit Schritt halten? Wollen wir es wagen, ein neues Luftschiff zu bauen, mit dem man große, sperrige Lasten leicht und billig von einem unwegsamen Ort zum anderen transportieren kann?

Was sagen Sie den Politikern?

Die Pflicht von Politikern ist es, die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Richtung vorzugeben. Natürlich dominiert derzeit das Schlagwort von der Schaffung neuer Arbeitsplätze das Denken. Und natürlich werden durch einen Freizeitpark einige hundert Arbeitsplätze geschaffen. Wir können auch Pyramiden bauen, mit Schaufeln und Schippen, da schaffen wir noch mehr Arbeitsplätze.

Ihre Alternative?

Mir geht es um die Schaffung wertschöpfender Arbeit und um die Entwicklung einer spannenden Technologie, mit der wir uns im internationalen Wettbewerb sehen lassen können. Freizeitparks sind zwar nicht wertvernichtende Investitionen, aber doch Orte, wo wir Bürger nur Geld ausgeben, ohne bleibende Werte zu schaffen. Ganz anders ist es mit der Leichter-als-Luft-Technologie, wie es Cargolifter anstrebt. Deren Realisierung, ein solches Unternehmensmodell durch die öffentliche Hand und viele Kleinaktionäre zu fördern, das ist gesellschaftspolitisch gesehen eine wertschöpfende Investition. Wir glauben, die Mehrzahl der Aktionäre will diese neu Chance bekommen.