Fett auf Brot, Regenwald tot

Für das Palmöl in der Margarine werden Tropenwälder abgeholzt, vor allem in Indonesien. Firmen wie Nestlé und Henkel verarbeiten es. WWF ruft zu Protest auf

LEIPZIG taz ■ Mit lautem Getöse hatten sie die Räuberbande in die Flucht gejagt: die Bremer Stadtmusikanten der Gebrüder Grimm. Heute sind Räuber nicht so leicht auszumachen, und viele Tiere bekommen keine Hauptrolle im Märchen, sondern einen Abgesang in Umweltstudien. Eine Stadtmusikanten-Formation der tropischen Art steht den Firmen Nestlé und Henkel in den nächsten Tagen ins Haus. Vom World Wide Fund for Nature (WWF) gesandte Boten in Tiger-, Elefanten- und Orang-Utan-Kostümen werden sie darauf aufmerksam machen, dass in ihren Produkten etwas steckt, wofür dem Lebensraum der Tropentiere der Garaus gemacht wird: Palmöl.

Um Plantagen für die gefragte Ölpalme anzulegen, werden seit Jahrzehnten Regenwälder abgeholzt. In Deutschland ist der aus den Früchten der Palme gewonnene Rohstoff nach Rapsöl das meistverwendete Pflanzenöl. Zwar ging der Margarineverbrauch – größter Palmölfresser – in den letzten Jahren zurück. Doch steckt Palmöl auch in Suppen, Snacks, Süßem, Waschmitteln und Kosmetika. Die Deutschen liegen beim Palmölverbrauch weltweit an siebter Stelle: 6,1 Kilo pro Kopf wurden 2001 importiert. Das meiste aus Indonesien. Während sich weltweit die Anbauflächen für Ölpalmen seit den 70er-Jahren verdreifacht haben, sind sie in Indonesien um das 30-fache gestiegen. Die Weltbank schätzt, dass auf der Insel Sumatra in zwei Jahren kein echter Regenwald mehr steht.

Meist sind es riesige Firmenkonglomerate, die sich den Kahlschlagprofit aufteilen. Expandiert wird oft mit Hilfe von Weltbank-Krediten, deutsche Zulieferer sichern ihre Exporte mit Hermes-Bürgschaften ab. Auf Fragen des WWF antworten die Firmen mit „Warum wir?“, sagt Kampagnenleiter Alois Vedder. „Da müssen sie schon den WWF fragen, warum die sich gerade uns ausgesucht haben“, sagt auch ein Sprecher von Nestlé. Man verarbeite nur 6.000 Tonnen Palmöl im Jahr und wisse über den Produzenten selbst nicht Bescheid, da das Öl über Großhändler gekauft würde. Die Lieferantenkette zu verfolgen, sei „ein Riesenaufwand“. Kryptisch äußert sich der Henkel-Konzern. „Der Weltmarkt für Palmöl und Palmkernöl betrug 2002 zirka 28 Millionen Tonnen. Davon nutzt die Henkel-Gruppe indirekt über seine Rohstofflieferanten weniger als 0,2 Prozent.“ Das Öl fließt als Tensidbasis ins Waschmittel.

Henkel unterstützt die Idee eines vom WWF initiierten runden Tisches, wo sich Unternehmen mit malaysischen und indonesischen Zulieferern ihrer Verantwortung stellen wollen: Ende August, kurz vor dem internationalen Treffen der Palmölindustrie, das in Kuala Lumpur stattfindet, wollen sie zum Beispiel einen Katalog von Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion erarbeiten. ANETT KELLER