Warten auf Antidiskriminierungsgesetz

Mahnungen an Rot-Grün: Deutsches Institut für Menschenrechte fordert die Regierung auf, Bericht des Europarats ernst zu nehmen und endlich die EU-Richtlinien zum Schutz von Minderheiten umzusetzen. Grüne: Wir arbeiten daran

VON PATRICK GRIESSER

Dass es immer noch kein Antidiskriminierungsgesetz in Deutschland gibt, war im endlosen, öffentlichen Streit um die Zuwanderung fast untergegangen. Nun ist das Thema erneut aufgegriffen worden – vom Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin. Anlässlich des aktuellen Europarats-Berichts zum Umgang mit Minderheiten in Deutschland forderte Institutsdirektor Heiner Bielefeldt, endlich die entsprechenden EU-Richtlinien zum Schutz von Minderheiten umzusetzen. Zwischen SPD und Grünen herrscht jedoch Uneinigkeit, welche Punkte in ein Gesetz Eingang finden sollen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, erklärte gestern, dass innerhalb der Koalition an einem Gesetzentwurf gearbeitet werde. Man strebe nach einer Lösung, die gesellschaftspolitisch überzeuge, sagte Beck der taz. Zu Details äußerte er sich nicht.

Die Diskussion um das Antidiskriminierungsgesetz wird geprägt von der Auswahl der Diskriminierungsmerkmale. Jüngst forderte etwa der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmer, dass bei dem geplanten Antidiskriminierungsgesetz mit Augenmaß gehandelt werde. Die Unternehmer befürchten einen fatalen Anstieg der Bürokratie, wenn sie nachweisen sollten, dass sie bei Vermietungen niemanden diskriminiert haben. Auch von den Kirchen kamen in der Vergangenheit immer wieder Einwände gegen allzu strenge Regeln, die bei der Auswahl von kirchlichen Mitarbeitern berücksichtigt werden müssten.

Die Ecri, ein Sachverständigenausschuss des Europarats, untermauert ihre Forderung nach einem deutschen Gesetz gegen Diskriminierung in allen öffentlichen Bereichen nun mit drastischen Worten. Nach den Beobachtungen der Straßburger Kommission stellen Antisemitismus, Islamphobie sowie Vorurteile und die Diskriminierung von Minderheiten wie Roma und Sinti eine ernsthafte Herausforderung für Deutschland dar. Vor dem Hintergrund, dass Angehörige von Minderheiten mitunter „Angst haben, sich in die Öffentlichkeit zu begeben“, seien wirkungsvollere Gesetze nötig.

Der Ausschuss von Sachverständigen des Europarates beobachtet die Einhaltung der Menschenrechte und erarbeitet Länderberichte mit Empfehlungen für den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Nach dem gestern veröffentlichten Bericht über die Lage in Deutschland geben rassistisch, ausländerfeindlich und antisemitisch motivierte Gewalt in Deutschland weiterhin „Anlass zur Sorge“. Daneben gebe es allerdings auch Fortschritte. So begrüßt die Kommission die im Jahr 2000 erfolgte Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes und das geplante Zuwanderungsgesetz.