Der islamistische Chefideologe des 11. März

„Mohammed der Ägypter“ soll die Anschläge von Madrid geplant haben. Vorgestern wurde er festgenommen

Was nutzt es, das Gehirn eines teuflischen Anschlages zu sein, wenn es keiner erfährt? Diese Frage scheint sich Rabei Osman El Sayed Ahmed gestellt zu haben. „Das war meine Idee“, prahlte er deshalb am Telefon gegenüber einem Freund nach den Anschlägen auf die Pendlerzüge von Madrid. Dies sollte dem 33-jährigen gebürtigen Ägypter zum Verhängnis werden. Denn nach den Bomben vom 11. März, die 192 Menschen töteten und mehr als 2.000 verletzten, hörte die Polizei mit. Vorgestern wurde der Islamist in Mailand verhaftet.

El Sayed, der von seinen Freunden und Kampfgefährten „Mohammed der Ägypter“ genannt wird, ist – so die spanischen Ermittlungsbehörden – der „Chefideologe“ des Blutbades von Madrid. Er stellte die Truppe, die Sprengsätze in den Zügen deponierte, selbst zusammen. „Das hat mich zweieinhalb Jahre Arbeit gekostet“, prahlt El Sayed.

Der Ägypter, der mittlerweile die marokkanische Staatsbürgerschaft innehat, lebte von 2001 bis 2003 in Spanien. In Madrid besuchte er regelmäßig die größte Moschee der Stadt. El Sayed lebte im zentral gelegenen Stadtteil Lavapiés. Hier lernte er die Leute kennen, die später die Anschläge ausführen sollten. Und hier wurden in einem Telefonladen die Zünder für die Bomben vorbereitet.

Im Februar 2003 verließ El Sayed Spanien Richtung Frankreich. Später dann siedelte er nach Italien über. Doch in den Monaten vor den Anschlägen kam er immer wieder nach Madrid, um „seine spanischen Freunde“ zu besuchen. Das belegen Fingerabdrücke, die die Polizei in einem Landhaus außerhalb der Hauptstadt fand, in dem die Bomben endgültig zusammengebaut wurden. Im Notizbuch einer der verhafteten Islamisten, der zu dem Kommando gehörte, das die Bomben in den Zügen deponierte, fand die Polizei El Sayeds Handynummer. Die Ermittlungen konnten beginnen.

„Das sind alles seelenverwandte Brüder“, erklärte El Sayed am Telefon, und bedauerte, „dass ich mich nicht mit ihnen in die Luft sprengen konnte“, als die Polizei Anfang April den harten Kern in einem Madrider Vorort umzingelt hatte.

El Sayed diente in der ägyptischen Armee, wo er es bis zum Offizier brachte. Später dann ergänzte er sein Wissen in den Camps von al-Qaida in Afghanistan. Für die Terrortruppe von Ussama Bin Laden wurde er schnell zu einer zentralen Figur in Europa. Nach den Anschlägen von Madrid schmiedete El Sayed, der in Mailand als Bauarbeiter lebte, bereits neue blutige Pläne. Aus dem abgefangenen Telefongespräch geht hervor, dass er dabei war, Gesinnungsgenossen für den Märtyrertod im Irak vorzubereiten. Die Polizei glaubt außerdem, dass El Sayed das Nato-Hauptquartier in Brüssel als Ziel ausgesucht hatte. Parallel zu seiner Verhaftung setzten belgische Ermittler 15 mutmaßliche Islamisten fest. El Sayed wollte in den nächsten Tagen Italien in Richtung Belgien oder Nordfrankreich verlassen.

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