Wenig Bewegung

Empfänger von ALG 2 müssen weiter auf ein ermäßigtes Ticket für den öffentlichen Nahverkehr warten

Scharfe Kritik an der schleppenden Umsetzung des geplanten Sozialtickets übte gestern die Linksfraktion. Mobilität sei für rund 100.000 sozial benachteiligte Menschen in Bremen und Bremerhaven noch immer ein „Luxusgut“, so Sirvan-Latifah Cakici (Linke) in der Bürgerschaft. Der Regierung fehle der politische Wille, um das im Koalitionsvertrag verankerte Sozialticket zu realisieren. Inga Nitz (Linke) sagte, die Koalition habe es versäumt, ein „Zeichen solidarischer Mitmenschlichkeit“ zu setzen.

Mit ihrem Antrag drängte die Linkspartei erneut auf die Umsetzung des Vorhabens. Zuletzt hatte sie im Juni eine entsprechende große Anfrage an den Senat gestellt. Laut Karin Garling (SPD) werden die Vertragsverhandlung mit der BSAG im Mai abgeschlossen sein. Immerhin ein konkreter Termin – allerdings bereits der dritte in dieser Angelegenheit. Ursprünglich sollte das vergünstigte Ticket schon ab Sommer vergangenen Jahres existieren. Dann hatte die Koalition sich die Frist bis Jahreswechsel gesteckt. Diesmal lautet die Prognose: Ende 2009 beginnt die Umsetzung mit einer zweijährigen „Modellphase“.

In den Gesprächen mit den Experten der BSAG wird laut Garling über ein wirtschaftlich tragbares Modell verhandelt. Das Angebot müsse auf Geringverdiener ausgeweitet werden. Die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sei zwar als umweltpolitischer Aspekt zu begrüßen, den Haushalt dürfe das Projekt aber nur gering belasten. Sie verwies auf die Fehler anderer Kommunen: In Dortmund, wo das Ticket nur 15 Euro koste, belaste es den öffentliche Haushalt inzwischen mit acht Millionen zusätzlich.

Ein erwachsener Empfänger von ALG 2 erhält für seine gesamte Mobilität monatlich 16,20 Euro, ein Monatsticket kostet im Jahres-Abo etwas mehr als doppelt so viel. Noch stärker klafft die Lücke bei Kindern: Für deren Mobilität stellt der Sozialgesetzgeber gerade einmal ein Viertel des Werts für Erwachsene zur Verfügung. Schüler bezahlen für eine Monatskarte in Bremen 32,80 Euro. Die Teilnehmer der dreitägigen Politikwerkstatt „Jugend im Parlament“ hatten deshalb schon im November bezuschusste Fahrausweise für Schüler gefordert.

Kein rein politisches Problem, denn in anderen Städten funktioniert diese soziale Staffelung der Fahrpreise sogar ohne öffentliche Zuschüsse: In Duisburg und Hannover kostet das Schülerticket nur die Hälfte einer normalen Monatskarte. Bremer Schüler zahlen dagegen fast 90 Prozent des Standardtarifs. Für die Fahrpreise sei der VBN verantwortlich, erklärte ein Sprecher der BSAG auf Nachfrage.

Grundsätzlich können sich auch CDU und FDP ein Sozialticket vorstellen. Sie wollen abwarten, welche Zahlen der Senat vorlegt. Magnus Buhlert (FDP) warnte vor einer unüberlegten Umverteilung von Oben nach Unten. Ermäßigungen für die Empfänger von Transferleistungen gebe es bereits im kulturellen Bereich. STH