Gemeinsames Rappen für die Revision

Vor einem Jahr wurde der HipHopper Maxim von einem Rentner erstochen. Der wurde später frei gesprochen.Bei einem Gedenkkonzert versammelt sich die lokale Rap-Prominenz. Der Erlös soll einen neuen Prozess finanzieren

Musikalische Gipfeltreffen sind selten in Kreuzberg. An diesem Sonntag jedoch kommen die Spitzenvertreter der tonangebenden lokalen HipHop-Strömungen im Statthaus Böcklerpark zusammen: Die bekanntesten Künstler der beiden erfolgreichen und konkurrierenden Berliner HipHop-Labels Aggro Berlin und Optik Records treten gemeinsam auf, um den vor einem Jahr erstochenen Attila Aydin alias Maxim zu ehren. Mit dabei sind die Aushängeschilder beider Labels Sido und Kool Savas.

Mit „Mein Block“, einer Ode an das Märkische Viertel, platzierte Sido jüngst einen Hit auf den vorderen Plätzen der deutschen Singlecharts. Kool Savas hat schon länger Erfolg: Mit seinem Debüt-Album „Der Beste Tag meines Lebens“ trat er schon vor einem Jahren bei Jugendsendern wie MTV und Viva auf und wurde dafür von der Szene und vor allem von Sido und anderen Aggro Berlin-Vertretern kritisiert.

Bei der „Maxim Rest in Peace Jam“ am Sonntag ruht jedoch die Konkurrenz zwischen beiden Schulen. Animositäten werden bei „Freestyle-Battles“ ausgetragen, dem Wettreimen zu einem vorgegebenen Beat, oder beim Break-Dance-Wettbewerb ausgelebt. Der Sieger bekommt einen Wanderpokal, der dem verstorbenen Maxim gewidmet ist. Die Erlöse der Veranstaltung werden genutzt, um den Tod des Rappers juristisch noch einmal aufzurollen: Sie sollen für ein Revisionsverfahren gegen den Mann verwendet werden, der Maxim tötete und freigesprochen wurde.

Der 76 Jahre alte Rentner Werner P. hatte am 13. Juni 2003 auf offener Straße mit einem Springmesser zugestochen und Maxim damit tödlich verletzt (taz berichtete). Der Tat war eine Auseinandersetzung in einem Supermarkt zwischen dem Rentner und der Freundin von Maxim vorausgegangen. Werner P. hatte angeblich die Frau zu Unrecht des Ladendiebstahls bezichtigt. Maxim wollte ihn daher zur Rede stellen.

Ein Gericht sprach den Rentner im Februar vom Vorwurf des Totschlags frei. In der Begründung hieß es, der Angeklagte habe von einer „vermeintlichen Angriffssituation“ ausgehen können, eine Verteidigung sei daher erlaubt gewesen. Ein Verfahren wegen unbefugten Waffenbesitzes wurde nie eingeleitet.

Maxim hatte die lokale HipHop-Szene seit den frühen 80er-Jahren mitgeprägt. Als Sprayer und „MC“ (Master of Ceremony) machte er sich einen Namen und wurde „the mighty“, der Mächtige, genannt. Dabei zählten für ihn keine materiellen Werte wie Geld, ihm ging es immer um „fame“ – den Ruhm innerhalb der Gemeinschaft.

Ganz anders die heutige HipHop-Generation: Was zählt, ist „Geld und Erfolg“, betont der Rapper Bushido von Aggro Berlin. Doch auch bei unterschiedlichen Meinungen in Sachen Geld bleibt Maxim für Angehörige aller HipHop-Fraktionen eine Identifikationsfigur, die sich immer gegen Gewalt aussprach.

OLIVER TRENKAMP

Maxim Rest in Peace Jam: So., 13.30 Uhr, Statthaus Böcklerpark, Prinzenstr. 1, Eintritt: 10 Euro