Große Freude über ein Parkhaus

70 Millionen Euro investierte die WBM in den Umbau der Rathauspassagen. Doch bei der Wiedereröffnung steht ein Großteil leer, weil der Discounter Wal-Mart hier nichts mehr verkaufen will

„Kunden der Passage brauchen Parkplätze. Wir sind froh über das Parkhaus“

VON FLORIAN HÖHNE

Die Begeisterungsstürme blieben aus, als gestern die Rathauspassagen am Alexanderplatz offiziell eingeweiht wurden. Die Eröffnung ruft ins Gedächtnis, was nicht eröffnet wurde: Fast das gesamte Obergeschoss der zweistöckigen Shopping-Mall steht leer. Der US-amerikanische Discount-Riese Wal-Mart sollte in die 11.000 Quadratmeter großen Räume ziehen. Extra für Wal-Mart hatte die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) noch ein 20 Millionen Euro teures Parkhaus mit 600 Stellplätzen gebaut. Doch im Dezember sagte Wal-Mart dann ab – eine böse Überraschung für die WBM.

Dennoch versuchte man gestern, ausgelassen zu feiern. Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU), Mitglied im WBM-Aufsichtsrat, betonte die besondere Bedeutung dieser traditionellen Einkaufsmeile, eine Band musizierte und Geladene nippten Sekt – unter den Gästen MieterInnen der über der Rathauspassage gelegenen Wohnungen.

Die guckten etwas skeptisch, waren aber doch erleichtert, dass der Baulärm endlich verstummt ist. „Wal-Mart wäre schon schön gewesen“, seufzt Anwohnerin Ingrid Hennig. „Ein günstiger Lebensmittelladen fehlt hier irgendwie“, ergänzt Brigitte Katzky, ebenfalls Anwohnerin: „Und die Lebensmittel im Kaufhof sind ziemlich teuer.“

Ein Lebensmittelladen ist auch das, was der Investor WBMI, eine Tochter der WBM, am liebsten in den leeren Wal-Mart-Hallen sähe: Die optimistische WBMI-Sprecherin Susanne Schmidt glaubt, dass schon bald ein Mieter gefunden sein wird: „Wir sind mit vier Interessenten im Gespräch“, sagt sie. Einer davon sei allerdings ein Elektronikanbieter. Den insgesamt 70 Millionen Euro teuren Umbau bereuten die WBMI auch trotz der Wal-Mart-Absage nicht, fährt Schmidt fort. Für das Geld wurde die Verkaufsfläche von 19.000 auf 25.000 Quadratmeter erweitert. Von den 28 Läden im Erdgeschoss seien immerhin schon 25 vermietet, so Schmidt.

Nicht einmal das Parkhaus, das Wal-Mart zuliebe errichtet wurde, ist der Sprecherin zufolge eine Fehlinvestition: „Kunden, die zur Rathauspassage kommen, brauchen Parkplätze. Wir sind froh über das Parkhaus.“ Einige der Anwohner sind weniger froh: Hennig nannte den bunt verglasten Betonklotz schlicht ein „fürchterliches Ding“. Die Passage sei aber – soweit sie das bisher sehen könne – sehr schön geworden.

Die Rathauspassagen zwischen Alexanderplatz und Rotem Rathaus wurden in den 60er Jahren nach Plänen von Heinz Graffunder erbaut. Der war auch Chefarchitekt des Palastes der Republik. „Jetzt vereinen die sanierten Rathauspassagen wieder Wohnen, Einkaufen und Kultur“, schwärmte Knut Fischer, Aufsichtsrat der WBM-Gruppe.

Bereits im Dezember konnte die alteingesessene Bowlingbahn wieder ins Untergeschoss einziehen. Anfang Mai eröffneten die ersten Geschäfte: der Zeitungs- und Tabakwarenladen beispielsweise. Außerdem sind Kosmetikläden, die Post sowie mehrere Bekleidungsgeschäfte und Restaurants vertreten.

Doch die Konkurrenz schlummert nicht: Gleich um die Ecke, auf dem bananenförmigen Gelände entlang der S-Bahn zur Jannowitzbrücke, zwischen Gruner- und Holzmarktstraße, plant Sonae den Bau einer weiteren Shoppingmeile. Der weltweit tätige portugiesische Einzelhandelsentwickler will in Zusammenarbeit mit der Degewo für 500 Millionen Euro ein Einkaufs- und Freizeitcenter mit Büroturm errichten (die taz berichtete). 36.000 Quadratmeter Ladenfläche sollen entstehen.

Platz genug für ausgelassene Feiern gibt es folglich rund um den Alexanderplatz. Den in der Passage nutzt die WBM-Gruppe. Heute und morgen jeweils ab 10 lädt sie zusammen mit den Gewerbemietern zur großen Sommerparty. Bei live erzeugten Swing- und Sambaklängen werden an der längsten Bar Berlins – 40 Meter sind es – Erfrischungen ausgeschenkt. Vielleicht geht es dann ja heißer her.