Es erben die Enkel

Nach 80 Jahren wird Hamburgs wichtigstes Wasserwerk durch einen Neubau ersetzt. Bis 1928 tranken die Hamburger vor allem aus der Elbe

„Beweis, dass die Hansestadt ohne Bergedorf nicht lebensfähig wäre“

von GERNOT KNÖDLER

Es ist keine 100 Jahre her, da floss aus den Wasserhähnen eine stinkende Brühe. Zwar verfügt Hamburg seit 1848 über eine zentrale Wasserversorgung. Bis 1893 strömte jedoch ungefiltertes Elbwasser durch die Leitungen. 1905 wurde das erste Grundwasserwerk gebaut. Erst 1928 kam mehr Grund- als Elbwasser aus dem Hahn. Diese Geschichte ist gestern in Curslack fortgeschrieben worden: Die Hamburger Wasserwerke (HWW) feierten das Richtfest für den Neubau ihres größten Wasserwerkes in Curslack.

Geschäftsführer Hanno Hames nutzte das 28-Millionen-Euro-Projekt als Argument, um Bedenken zu zerstreuen, durch eine mögliche Neuorganisation der HWW könnte die günstige Versorgung mit sauberem Trinkwasser gefährdet sein. „Diese Investition dient der zukünftigen Generation“, so Hames.

Mit dem 1925 bis 1928 gebauten Werk in Curslack stieg der Grundwasseranteil im Hamburger Wasser schlagartig von 14 auf 47 Millionen Kubikmeter pro Jahr – bei einem Gesamtverbrauch von 64 Millionen Kubikmetern. Das alte wie das neue Wasserwerk können bis zu 80.000 Kubikmeter Trinkwasser täglich liefern und damit 400.000 Menschen versorgen, fast jeden vierten Hamburger.

Noch steht das lang gestreckte alte Wasserwerk, ein wohl gegliederter Ziegelbau, auf dem Gelände am Curslacker Heerweg. Zwar sieht es aus wie neu. 80 Jahre Feuchtigkeit aus offenen Filterbecken haben Eisen und Beton hinter der Fassade jedoch morsch werden lassen. „Im Prinzip müsste man das mit Flatterband absperren“, sagt HWW-Abteilungsleiter Helmut Kröning, der das Neubauprojekt leitet.

Eine Sanierung, behauptet er, wäre kaum billiger gewesen als der Neubau. Dabei sei der Zustand der Pfähle im Marschenboden, auf dem die Halle ruht, ungewiss und der betriebliche Ablauf lasse sich in einer neuen Halle effizienter gestalten.

Im neuen, vollautomatischen Werk werden nur noch ein bis zwei Menschen pro Schicht arbeiten. Die Nachtschicht soll wegfallen. Sechs bis acht Stellen sparen sich die HWW auf diese Weise. Probleme mit mürbem Beton, rostendem Stahl und Algenwuchs dürfte es im neuen Werk nicht mehr geben.

Der Neubau steht nur wenige Schritte entfernt vom alten Werk in einem 13 Kilometer langen Wäldchen, das als schmales Band das Raster der Marschengräben schneidet. Unter dem Band liegen wie an einer Kette 220 Flachbrunnen mit 14 bis 24 Meter Tiefe und 17 Tiefbrunnen mit 65 bis 110 Meter Tiefe. Rundherum erstreckt sich das 1997 ausgewiesene, 24,4 Quadratkilometer große Wasserschutzgebiet Curslack/ Altengamme. Es reicht bis ins Bergedorfer Industriegebiet.

„Dieses Gelände ist ein erneuter Beweis dafür, dass die Hansestadt ohne Bergedorf nicht lebensfähig wäre“, sagte Bezirksamtsleiter Christoph Krupp (SPD). Der Staat dürfe sich aus der Verantwortung für die Wasserversorgung nicht verabschieden, mahnte er mit Blick auf den drohenden Verkauf der HWW.

Die Initiative „Unser Wasser Hamburg“, die einen Verkauf zu verhindern trachtet, hat inzwischen 20.000 Unterschriften gesammelt, die am 22. Juli übergeben werden sollen. Hinter der Initiative steht ein Bündnis von Umwelt-, Eine-Welt- und Verbraucherschutz-Organisationen.