Kleine Revolution

Martin Stankowskis kritische Fußmärsche durch Köln brachten fünf Frauen auf die Idee für „Stattreisen“

Köln taz ■ Die Nöte eines Stadtführers sind ihm nicht fremd. Im Laufe der Jahre hat er gelernt, damit umzugehen. Wenn ein Teilnehmer besonders genau Bescheid weiß und das auch zum Besten geben will, gibt es genau zwei Möglichkeiten: „Wenn der nett ist, dann merke ich mir seine Geschichte. Wenn nicht, mach‘ ich den fertig.“

Martin Stankowski, Autor des Buches „Köln – Der andere Stadtführer“, hat mit der ganzen Sache angefangen. Er ist Schuld daran, dass Touristen zu Fuß durch rheinische Städte pilgern und sich Anekdotenreiches über die Geschichte anhören. Damals, Ende der Siebzigerjahre, ging es dem heute 60-Jährigen nicht so sehr um die Historie, sondern um die Politik. „Wir haben heftig rumgehetzt über Köln, über die Politik im Allgemeinen“, sagt Stankowski. Zunächst hat er Vorträge gehalten im Bildungswerk. Bis er zwecks der besseren Anschaulichkeit mit seinen Anhängern auf die Straße gegangen ist. In einer Zeit, in der es nur vom Verkehrsamt angebotene Bustouren gab, waren seine kritischen Fußmärsche durch Kölns Geschichte eine kleine Revolution. Das sah auch eine Gruppe von fünf Frauen so, die von der neuen Art der Stadtführung derart angetan war, dass sie Stankowski als Coach buchte und den Verein Stattreisen Köln gründete. Das war vor 15 Jahren.

Als Vater der Stattreisen möchte sich Stankowski heute nicht bezeichnen. Das würde ihn verlegen machen. „Aber vielleicht bin ich ja mittlerweile Ehrenmitglied“, sagt er lachend. Genau weiß er das nicht. Schließlich ist Stankowski ein viel beschäftigter Mann. Neben seiner Tätigkeit als Buchautor ist er immer noch als Reiseleiter tätig. Seine neueste Idee ist eine Schiffstour mit Kabarettist Rainer Pause, „eine Mischung aus Volkshochschule und Kabarett.“ Stankowski hat ständig neue Ideen. Er ist mit Gruppen in der Straßenbahn durch Köln gebraust, mit 800 Leuten und einer ganzen Jazzband durch die Stadt gelaufen, hat Stadtführungen auf dem Rad organisiert.

Manchmal kommt es zum Streit zwischen ihm und „kölnbesoffenen Ureinwohnern“, für die seine Stadtführungen eine einzige Provokation darstellen. Obwohl Streit eigentlich nicht das richtige Wort ist. Den könne man in der Domstadt ohnehin nur mit Mühe vom Zaun brechen. Schließlich „ist der Kölner an sich ja konfliktscheu“, sagt Stankowski. Spätestens nach dem dritten Kölsch verträgt man sich wieder. Claudia Lehnen