Ihh, Kuh-Test!

Sie haben noch keinen Stall von innen gesehen. Woher sollen sie wissen, dass „bio“ gut ist?

An seinem Zeigefinger klebt ein dicker Batzen Kuhscheiße. Berufsschullehrer Ulli Vey macht einen Schritt auf seine Schüler zu, die weichen erschrocken zurück. „Bauerngold“, lockt Vey. Die Schüler lassen trotzdem ihre Finger vom dampfenden Kuhfladen.

Für den Mist im Schulzentrum Rockwinkel in Bremen sorgt Biobauer Jochen Voigt aus Syke-Gessel. „Bio food project“ heißt die Aktion des Bundesverbraucherministeriums, die derzeit durch Bremer Schulen tourt und Kindern den ökologischen Landbau nahebringen will. Keine ganz einfache Aufgabe in einem Land, in dem Milch aus dem Pappkarton kommt und Kühe lila sind.

Stellwände und Broschüren alleine reichen da nicht mehr aus. Stattdessen hat Voigt zwei seiner schwarzbunten Nierderungsrinder mit auf den Schulhof gebracht – für manche Schüler die erste Gelegenheit, sich von einer Kuh abschlecken zu lassen. Eine raue Erfahrung.

„Probieren, Fragen stellen und Kühe streicheln“ – das ist das pädagogische Konzept der Öko-Werber. Die beiden jungen Kühe in ihrem Gatter nehmen es gelassen. „Wenn wir am Nachmittag wieder zuhause sind, machen die erst einmal Freundensprünge auf der Wiese“, sagt Voigt. Auf dem Tisch vor ihm stapeln sich die Gemüse-Stückchen: frische Karotten, Kohlrabi, und knackiger Rettich, alles frisch vom Acker. Die SchülerInnen stehen Schlange. „Wie heißt die Kuh?“, will ein Fünftklässler wissen. Und ob Voigt das Gemüse alles selbst geerntet habe.

Nach den Möhrchen gibt es für eine Gruppe von Gartenbaulehrlingen aus der benachbarten Berufsschule ein bisschen Bodenkunde. Da kommt auch das „Bauerngold“ wieder ins Spiel: Der Kuhmist, so lernen die Gärtner in spe, ist guter Dünger.

Die Fünftklässler stapfen derweil durch den großen Ausstellungs-Truck, der auf dem Schulhof parkt. Plexiglasröhren mit verschiedenen Getreidesorten stehen dort, Vitrinen mit Abflammgeräten, Ferkelschwimmhilfen und eine Kuhbürste. Papierkorbgroß, rund und drehbar, mit harten Kunststoffborsten, grün-weiß gestreift, hängt sie einen knappen Meter über dem Boden. „Wie eine Autowaschanlage“, erklärt „bio food project“-Frau Claudia Temme: „Damit kratzen sich die Kühe.“ Die meisten der BesucherInnen hier haben noch keinen Stall von innen gesehen.

Statt mit giftigen Pestiziden, erfahren die SchülerInnen, bekämpft der Biobauer das Unkraut etwa mit dem Abflammgerät. Ihr Wissen um den ökologischen Landbau können sie anschließend in einem Quiz unter Beweis stellen. Wer bei „artgerechter Tierhaltung“ an „die Tiere leben im Wohnzimmer des Bauern“ denkt, hat verloren.

Manchmal lässt sich die Qualität von „bio“ am besten durch das Gegenteil davon erfassen. Etwa an der Duftorgel, wo es künstliche Aromen zu erschnuppern gibt. Orange und Erdbeere – alles garantiert ohne jeden Fruchtbestandteil. „Ihh, das riecht aber gar nicht schön“, rümpft eine Schülerin ihre Nase. Von wegen Erdbeere.

Unübertroffenes Highlight der Wander-Ausstellung ist jedoch das Kühemelken. Ihre Fingerfertigkeit dürfen die Kids allerdings nur an Gummizitzen testen. Oben Wasser rein, und los geht’s. Bauer Voigts Kühe bleiben unbehelligt.     Stefan Kramer

www.bio-food-project.de