Rot-Grün hat den Kredit verspielt

Alle reden von Neuverschuldung. Das aber ist gar nicht so einfach. Denn die großen Investoren haben das Vertrauen verloren und wollen dem Staat kein Geld mehr borgen. Finanzminister Eichel wirbt nun beim kleinen Sparer: Kauft Bundesschatzbriefe!

aus Hamburg HERMANNUS PFEIFFER

Hans Eichel will den Staat sanieren. Drei Wege hat der sozialdemokratische Finanzminister dafür auserkoren: den Abbau von Steuersubventionen, den Verkauf von Telekom- und Post-Aktien und die Aufnahme neuer Schulden. Bereits im dritten Quartal will der Bund sich sieben Milliarden Euro zusätzlich borgen. Aber die Anleger könnten Eichel einen dicken Strich durch die Rechnung machen, sie haben die Lust an Eichels Wertpapieren verloren, kritisieren lieber die bundesdeutsche Finanzpolitik.

Das hat gefährliche Folgen für Eichels Sanierungspolitik. Frisches Geld nimmt Eichel nur selten über Bankkredite auf, statt dessen verkauft er verschiedene Arten von Bundeswertpapieren, hauptsächlich an institutionelle Investoren und internationale Großbanken, aber auch an private Kleinanleger. Doch seine jüngste zehnjährige Bundesanleihe ließ sich unter Anlageprofis kaum noch verkaufen. Statt acht Milliarden erlöste der Bundesfinanzminister am Ende nur sechs Milliarden Euro.

„Die Bund-Auktion war alles andere als ein Erfolg“, analysiert die Hypo-Vereinsbank – und auch nicht der erste Fall. Bereits bei den letzten Auktionen sei das Angebotsvolumen „kaum von der Nachfrage gedeckt“ gewesen. Schlimmer noch aus Bankersicht: „Anleger bevorzugen selbst Frankreich gegenüber Deutschland.“ Die Investoren, die nun auch längerfristige deutsche Staatsanleihen meiden, kritisieren die ihrer Meinung nach desolate Wirtschafts- und Haushaltslage Deutschlands.

Gemanagt wird Eichels Schuldenpolitik seit dem Sommer 2001 von der „Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH“. Alleiniger Gesellschafter der in Frankfurt am Main ansässigen Firma mit beschränkter Haftung und beschränkter Publizitätspflicht ist der Bund. Trotzdem lief die zehnjährige Bundesanleihe Anfang Juli „weniger erfreulich“, gesteht Finanzagenturchef Gerhard Schleif ein. Er führt den Flop auf die Banken zurück, die sich aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage zurückhielten. Zudem suchten Investoren angesichts der niedrigen Zinssätze mehr Risiko, um höhere Renditen zu erzielen. Als dritten Grund nennt auch Schleif die Haushaltslage Deutschlands.

Die Schwäche der Bundespapiere fällt in einen allgemein schwierigen Markt. Nach der jüngsten Leitzinssenkungen der EZB und in London geht der europäische Zinstrend weiter nach unten. Inzwischen haben Investoren zwischen New York, Tokio und Frankfurt sogar die Aktie wiederentdeckt, was weltweit zum Abschied von staatlichen Anleihen führt. Der Härtetest folgt im Oktober, wenn die nächste zehnjährige Bundesanleihe folgt. Wahrscheinlich werden die Finanziers einen fetten Zinsbonus von Eichel verlangen, damit sie seine Papiere wieder abkaufen.

Bis dahin will sich Eichel offensichtlich am „kleinen Mann“ schadlos halten. Die neuen Bundeswertpapiere, die sich speziell an Kleinanleger wenden, werden jetzt mit einer üppigen Werbekampagne unters Volk gebracht. Eine Geldfalle für die kleinen Sparer, denn der Zinssatz ist nur halb so hoch wie für die Profis.