Koch gegen Pump

Hessens Ministerpräsident für längere Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Fiskalische Mittel allein brächten Konjunktur nicht in Schwung

WIESBADEN taz ■ Der hessische Ministerpräsident und mögliche Kanzlerkandidat der Union, Roland Koch, machte gestern in Wiesbaden noch einmal deutlich, dass er ganz im Gegensatz zu den meisten seiner Parteifreunde wenig bis nichts vom Vorziehen der Steuerreform auf Anfang 2003 hält.

Genau das scheint aber die Bundesregierung vorzuhaben.Finanzminister Hans Eichel (SPD) will das Vorziehen der Steuerreform nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch) größtenteils über Kredite finanzieren. Die Neuverschuldung soll gegenüber dem ursprünglichen Ansatz ohne Reform um etwa 4 Milliarden auf rund 28 Milliarden Euro steigen.

Mit fiskalischen Mitteln alleine, so Roland Koch vor Journalisten, sei die darniederliegende Konjunktur in Deutschland nicht mehr anzuheizen. „Strukturelle Veränderungen“ müssten her, damit das Land international wieder wettbewerbsfähig werde. Hier verweigere sich die Bundesregierung, die für 2004 noch immer von einem „ganz unrealistischen“ Wirtschaftswachstum von zwei Prozentpunkten ausgehe.

Roland Koch hat sich von solchen „Illusionen“ verabschiedet und kalkuliert für Hessen mit einem Wachstum von nur noch einem Prozent: „Und wenn es dann 0,8 Prozent werden, können wir noch zufrieden sein.“ Was aber versteht Koch unter strukturellen Veränderungen? Etwa die „Verlängerung der Arbeitszeiten“ insbesondere in exportorientierten Branchen und auch in einzelnen Unternehmen, sagt er. Und zwar ohne Lohnausgleich. Genau deshalb, so Koch, sei die Auseinandersetzung in der IG Metall von überragender Bedeutung für die Zukunft des Landes. Siegten dort die Betonköpfe, die sich gegen jede Flexibilisierung sperrten, sei das „ein ganz schlechtes Signal für die gesamte Volkswirtschaft Deutschlands“.

Im Rahmen seiner Vorlesung bei Tisch kam Koch noch einmal auf die vorgezogene Steuerreform zurück. Wenn er sie schon nicht wird verhindern können, will er sie wenigstens ohne neue Schulden finanziert sehen; da stünden auch die Unions-Ministerpräsidenten der Länder wie ein Mann hinter ihm. Die Subventionen gehörten abgebaut. Jetzt sei erst einmal die Bundesregierung mit Vorschlägen am Zug – und nicht die Union.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT