Europäische Splitterpartei SPD

Europawahl in Hamburg: Nur noch ein Viertel für die SPD, aber auch eines für die GAL. CDU siegt dennoch, FDP auch ein wenig. Wahlbeteiligung mau

Das hatte selbst die notorisch optimistische grüne Parteichefin Anja Hajduk so nicht erwartet. Die GAL hat hamburgweit die SPD bei der gestrigen Europawahl fast eingeholt. Was für die Roten bei 25,3 Prozent (1999 waren es noch 37,2%) ein Desaster, ist für die Grünen das beste Ergebnis, das die Partei je bei bundesweiten Wahlen erreichte. 24,5 Prozent (12,0%) grüner Wahlstimmen – „wir sind die absoluten Gewinner“, jubelte Hajduk.

Als relativer Gewinner kann sich CDU-Spitzenkandidat Georg Jarzembowski fühlen. Die CDU wird mit 36,8 Prozent (40,2%) eindeutig stärkste Partei, verliert allerdings gegenüber der Wahl vor fünf Jahren mehr als zwei Prozent. Auch ob Jarzembowski wieder ins Europaparlament einzieht, war gestern am späten Abend noch unsicher.

Solche Sorgen hat SPD-Spitzenmann Vural Öger nicht. Er zieht trotz des schlechten Resultats seiner Partei ins Parlament ein, zu abgesichert war er zuvor auf Platz 10 der Bundesliste. Trotzdem waren er und SPD-Fraktionschef Michael Neumann die Leute mit den längsten Gesichtern des Abends. Für Öger war der Urnengang „eine vorgezogene Bundestagswahl“, daher habe Hamburg keine große Rolle gespielt. Gleichzeitig deuteten Neumann und Öger das Resultat trotzdem als Signal für Hamburg: „Ohne das Ergebnis schön zu reden: Rot-Grün hat in dieser Stadt eindeutig eine Mehrheit“, so Neumann. Bürgermeister Ole von Beust sei massiv plakatiert worden, und trotzdem sei zumindest erwiesen, dass „Hamburg keine CDU-Stadt ist“.

Möglicherweise aber eine GAL-Stadt: „Dies ist ein absolutes Spitzenergebnis, wir haben alles getoppt, was zu toppen war“, konnte sich Hajduk kaum beruhigen. Die GAL habe nicht zuletzt mit Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit und Rebecca Harms „das hochkarätigste Angebot“ im Wahlkampf in Hamburg gehabt, auch das sei honoriert worden. Im Lauf des Abends waren die GAL-Werte kontinuierlich angestiegen und hatten sich der SPD-Kurve immer weiter angenähert.

Die CDU hebt sich davon nach wie vor gewaltig ab, dennoch war Jarzembowski im Laufe des Wahlabends nie ganz zufrieden, hatte die CDU doch auf Hamburg-Ebene ihr selbstgestecktes Ziel von mindestens 40 Prozent klar verfehlt. Während Fraktionschef Bernd Reinert von einem „sehr guten Ergebnis“ sprach, war Jarzembowski selbst zurückhaltender. „Ganz ordentlich, aber hätte besser sein können“, kommentierte er und war auch vom Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde durch die FDP gar nicht begeistert. „Die waren zehn Jahre nicht im Europaparlament, und keiner hat sie vermisst.“

Dass FDP-Landesvorsitzender Leif Schrader das ganz anders sieht, ist wenig verwunderlich. Das Hamburg-Resultat von 5,4 Prozent (3,3%) sei „Beleg, dass wir uns in der Stadt wieder stabilisiert haben“, analysierte er kühn.

Stark geholfen haben dürfte ihm und der GAL allerdings auch die Wahlbeteiligung, die mit 35 Prozent noch niedriger war als vor fünf Jahren (37%), wie Hajduk einräumte. Das hatte sowohl den Grünen wie auch den Liberalen zunächst den Angstschweiß auf die Stirn getrieben, dass es deswegen auch nicht fürs notwendige Mindestquorum für den Volksentscheid zum Wahlrecht reichen würde.

Doch nach und nach hellten sich die Mienen der Volksentscheidsbefürworter wieder auf, als sich die Mehrheit für den Initiativenentwurf abzeichnete.

Peter Ahrens