Es war einmal auf dem Fußballplatz …

Mit einer achtteiligen Mammut-Dokumentation blickt der WDR auf „40 Jahre Bundesliga“ (20.15 Uhr) zurück

Es war einmal eine Zeit, da drohte keinem Spieler die Auswechslung, wenn er schlecht spielte. Stattdessen spielte er auch mit einer Verletzung weiter – und sei es mit gebrochenem Wadenbein. Die Vereinsführung wickelte ihre Geschäfte in der Kneipe neben dem Stadion ab und die Zuschauer zogen sich nicht in klimatisierte VIP-Logen zurück, sondern brachten sich ein Schemelchen zur besseren Sicht auf der Erdwalltribüne mit. Es war die Zeit, als die deutsche Fußball-Bundesliga laufen lernte und Ausländer im Team die Ausnahme waren. Das war 1963, und die Dokumentarfilmer Werner Kubny und Per Schnell („Abnehmen in Essen“) lassen diese Zeit und was seitdem geschah in ihrem Achtteiler „Der Ball ist rund – 40 Jahre Bundesliga“ Revue passieren.

Mit über 100 Zeitzeugen sprachen sie. Gerd Müller und Georg „Katsche“ Schwarzenbeck zögerten zuerst, waren dann aber doch bereit, über ihre Bundesligazeit zu erzählen. Der einstige Bomber der Nation trat nach Jahrzehnten erstmals wieder an die Öffentlichkeit. Kubny und Schnell zählen diese Gespräche dann auch zu den „Schätzchen“ der Reihe. Für die Zuschauer – egal ob sie die Bundesliga von Anfang an kennen oder nicht – ist jedes der Zeitdokumente ein „Schätzchen“: sei es als nostalgische Erinnerung oder als Eintauchen in eine unbekannte Zeit. Als HSVler Willi Schulz, Erfinder der Bananenflanke, noch davon träumte, nach der Fußball-Karriere in seinen Beruf als Bierzapfer zurückzukehren. Gerd Müller verdiente als Fußballer zunächst nur 160 Mark im Monat, sein Brotjob brachte ihm 400 ein. Für alle – ob graue Mäuse oder Glamour-Stars – galt und gilt bis heute: Fußball kann helfen, Karriere zu machen und Ruhm und Reichtum zu ernten. Den Kickern, aber auch den Managern und Medienleuten. Stefan Effenberg spricht für heute: „Fußball spielen macht Spaß. Aber dafür muss ich gutes Geld verdienen.“

Zwei Jahre lang durchforschten Schnell und Kubny die Archive und sanierten alte 16-mm-Filme. Die schwarzweißen Dokumente von ARD-„Sportschau“, die mit der Bundesliga aus der Taufe gehoben wurde, und ZDF zu bekommen, war nicht schwer. Für TV-Ausschnitte ab 1992/93 wurden „marktübliche“ Preise an RTL und Sat.1 gezahlt, auf Aufnahmen der Champions League muss der Zuschauer allerdings verzichten: „Horrende Preisvorstellungen“, sagen die Dokumentarfilmer.

Die Bilder von einem Bundesligarekord aber fehlen: 6 Tore in einem Spiel erzielte FC-Köln-Spieler Dieter Müller in der Saison 1977/78 gegen Bremen. Doch während heute jede Torraumszene in Zeitlupe zigfach wiederholt wird, hielt es damals kein Sender für nötig, ein Kamerateam zum Spiel zu schicken. Es fand ja auch am Dienstag statt.

„40 Jahre Bundesliga“ ist keine Ergebnisberichterstattung, sondern skizziert die Entwicklung vom Volkssport zum Geschäft mit der Show. Wobei das mit dem Geschäft wahrlich keine neue Erscheinung ist, davon zeugen Schwarzgelder (schon im zweiten Bundesligajahr!) und Bestechungsskandale. Dass die Einbettung in wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge recht locker ist – das steckt der wahre Fußballfan weg. Die erste der jeweils 45 Minuten langen Folgen beginnt heute, eine Ausstrahlung in anderen Dritten ist noch nicht geplant.

ERICH HUPPERTZ