Muß Theater sein?

Kommentar

Ein Theater in der Stadt ist kein Luxus. Ein potentes Mehrspartenhaus, das überregional von sich reden macht und auswärtiges Publikum anzieht, kann eine ganze Region aufwerten. Es ist der ideelle Wert, der zählt - und der sich leider nicht in Bilanzen und Auslastungszahlen darstellen lässt. Gerade in diesem immateriellen Bereich hat ein traditionsreiches Theater, das schon seit Jahrhunderten das Kulturleben einer ganzen Region gestaltet, viel weitreichendere Funktionen als nur die einer Spielstätte. Es wirkt imagefördend, weil sein Glanz auf die gesamte Stadt ausstrahlt - wer würde schon Meiningen kennen, hätte das dortige Haus nicht vor wenigen Jahren einen aufsehenerregenden Wagner-Ring produziert? Ein Theater als „weicher Wirtschaftsfaktor bietet Arbeitsplätze und zieht Besucher an. Außerdem ist es eine Investition für morgen. Zukunft hängt, so wissen wir spätestens seit den einschlägigen Studien, von der Bildung der Jugendgeneration ab. Was Lösungsvorschläge wie die Einführung von Fremdsprachenunterricht ab dem Kindergarten oder Ganztagsschulen allerdings nicht berücksichtigen, sind die sogenannten weichen Faktoren Sozial- und Kommunikationskompetenz. Die sind die Domäne der ästhetischen Bildung. Ein großes Theater ist nicht unbedingt überdimensioniert, sondern steckt voller Potential. Dessen müssen sich die Politiker mit den Taschenrechnern bewusst werden. Am besten bei einem Opernabend.

Michael Vrzal