Debatte vom Munde abgespart

Generaldebatte zum Haushalt 2004: Meist sachlich attackierten SPD und GAL die Finanzplanung des CDU-Senats als konzeptionslos und sozial ungerecht. Ausgerechnet Ober-Hanseat Ole von Beust (CDU) brachte Schärfe ins Parlament

von Peter Ahrens
und Sven-Michael Veit

Es geht wieder sachlich zu in der Bürgerschaft. Nach vier Haushaltsdebatten mit FDP und Schillianern waren bei der gestrigen Generaldebatte zum Etat 2004 wieder CDU, SPD und GAL unter sich. Entsprechend war der Kammerton weitgehend unaufgeregt und ohne große Aggressionen – zumindest bis der Bürgermeister ans Rednerpult trat.

Der Beleidigte

Es war ausgerechnet der sonst so oft den Hanseaten gebende CDU-Bürgermeister, der den schneidendsten Zungenschlag in die Diskussion brachte. Ole von Beust, der eingangs noch den Stil der Debatte als „sachlich und fair“ gelobt hatte, griff anschließend die RednerInnen der Opposition frontal an: „Sie haben keinen einzigen Vorschlag gemacht, die Krise zu lösen“, attackierte er SPD und GAL, und die SozialdemokratInnen verweigerten sich „jeder Form intelligenter Vermögensmobilisierung“. Er legte gar die alte Platte auf, die SPD habe die Polizei im Stich gelassen und daher nun kein Recht, die Kürzungen bei der Innenpolitik zu kritisieren. Eine Eigenverantwortung des Senats an der Finanzsituation sah er nicht: „Wir haben uns nichts vorzuwerfen.“ Als „gesamtverantwortlicher Politiker“ wisse er, „dass man auch Dinge tun muss, die man nicht tun will“.

Der Punktesammler

SPD-Fraktionschef Michael Neumann hatte mit seiner ersten Haushaltsrede als Oppositionsführer zuvor durchaus Punkte gesammelt. Ruhig, konzentriert, mit ein paar gezielt gesetzten Pointen attackierte er eine gute Stunde lang die Senatspolitik als konzeptionslos, unkreativ und umsetzungsarm. Ole von Beust und seinem Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) warf er vor, es bisher lediglich bei Ankündigungen belassen zu haben. Messe man den Senat auch nach dem Abschied von den Altlasten Schill und Lange, dann stelle man wenig fest: „Sie machen PR-Politik vollmundiger Versprechen.“

So habe der Senat seit 2001 in Wirklichkeit „noch keinen einzigen Euro eingespart, sondern letztlich 230 Millionen Euro ausgegeben“. Während sich die Politik der Wachsenden Stadt als „Zerrbild und Seifenblase“ entpuppe, werde auf der anderen Seite „für einen geringen Sparbeitrag die anerkannt erfolgreiche Arbeit von Vereinen und Initiativen zunichte gemacht“.

Den meisten Applaus erhielt Neumann, als er dem Bürgermeister im Zusammenhang mit der vom Senat verfügten Schließung des 1. Hamburger Frauenhauses „schamlose Politik“ vorwarf: Wer angesichts dieser Schließung behaupte, dass in Hamburg Hilfe bekomme, wer sie brauche, spreche zynisch und verantwortungslos.

Die Bildungspolitik sei mitlerweile nur noch die „Spardose des Senats“, die Schulsenatorin erweise sich als „politisches Leichtgewicht“, im Kita-Bereich herrsche purer Dilettantismus, listete Neumann auf, und wer das Weltstadt-Niveau angesichts von World Awards und Bambi-Verleihung bemühe, „verbreitet das Bild der Provinzialität“.

Der Zufällige

Wer einen rhetorisch glänzenden Regierungschef hat, kann auf einen veritablen Fraktionschef verzichten. Deshalb hat diese Funktion bei der CDU Bernd Reinert inne, der redlich und bemüht den „Reformwillen“ beschwor, „der diesen Senat auszeichnet“. Schließlich sei von Beust von der Wirtschaftswoche „nicht zufällig als Bürgermeister des Jahres ausgezeichnet“ und Hamburg zur „reformfreudigsten Großstadt“ ernannt worden. Allerdings auf der Basis von Wirtschaftsdaten aus den Jahren 1998 bis 2002 – damals regierte Rot-Grün, Reinert saß in der Opposition und die CDU hatte noch einen Fraktionsvorsitzenden, der eloquent zu kämpfen wusste: Ole von Beust.

Die Kämpferische

Eine Eigenschaft, die dieser Tage zuvörderst Christa Goetsch zu attestieren ist. Hart in der Sache geißelte die Fraktionschefin der GAL die Politik als „Lug und Trug“; die Regierung täusche die BürgerInnen über ihre wahren Absichten: „Sie handeln gegen den erklärten Willen der HamburgerInnen und gegen das Interesse des Gemeinwohls“. Gemeint war vor allem die Senatshaltung zum Landesbetrieb Krankenhäuser. Als Schulexpertin hielt sie sich ausführlich bei den Komplexen Bildungs- und Kitapolitik auf, nannte die Einsparungen in diesem Bereich eine „bodenlose Frechheit“ und sah durch die Einführung von Elternbeiträgen „das Ende der Vorschulen eingeläutet“. Die HamburgerInnen hätten, so Goetsch, allen Grund, „misstrauisch gegen den Senat zu sein“.