Millionen auf Nummern-Konten

Acht Jahre danach: Dem früheren Vulkan-Chef Hennemann wird wegen Steuerhinterziehung der Prozess gemacht. Bei der Hausdurchsuchung hatte die Kripo einen karierten Zettel mit Hinweisen auf Nummernkonten gefunden. Vor Gericht schweigt er

Bremen taz ■ Mit dem Rücken zu den Kameras wartete der frühere Vulkan-Chef Friedrich Hennemann gestern früh hinter der Anklagebank, bis die Richterin erschien. Der 68-Jährige steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. Diesmal wirft ihm die Staatsanwaltschaft Steuerhinterziehung in Höhe von mehreren hunderttausend Euro vor.

Zum Verhängnis wurde dem Vulkan-Manager Hennemann seine Ordnungsliebe: Als die Kripo bei ihm am 19. Juni 1996 klingelte, um auch in den privaten Räumen nach Spuren der Treuhand-Millionen des Vulkan-Konzerns zu suchen, fand sie ein kariertes Blatt, auf dem verschlüsselte Nummern, einzelne Buchstaben und kleine Zahlenreihen eingetragen waren: Notizen über Gelder in Luxemburg und in der Schweiz. Hennemann hatte Zwischensummen gebildet und unter alles einen Strich gezogen: 10,277 Millionen Mark lagen im Jahre 1996 in verschiedenen Anlageformen auf verschiedenen Banken. Bei seiner Steuer hatte Hennemann Zinsen aus diesen Geldern nie angegeben.

Woher kam das Geld? Gehörte es Hennemann privat oder war es Firmengeld? Der einzige, der hier eine klare Auskunft geben könnte, ist Hennemann selbst. Der aber schweigt. Die Steuerfahndung hat nicht mehr als den karierten Zettel, weil die Banken in Luxemburg und der Schweiz keine Auskunft geben.

Ex-Vulkan-Chefcontroller Hans-Peter Kordes, der gestern als Zeuge vernommen wurde, hatte auch keine Erklärung. Er konnte sich nur daran erinnern, 1990 eine Summe von sechs Millionen Mark auf ein Notarkonto überwiesen zu haben. Allerdings war das Geld nicht für den Vorstandsvorsitzenden Hennemann bestimmt, sondern wurde als „Anschaffungsnebenkosten“ für den Kauf der „Systemtechnik Nord“ (STN) von der DASA verbucht. Über Bankbelege lässt sich nachvollziehen, dass die Summe zu der Luxemburger Filiale der Commerzbank geflossen ist, bei der Hennemann auch Anlagen hatte. Ob dieses Geld tatsächlich für den STN-Ankauf ausgegeben wurde oder ob es identisch mit dem Geld ist, das von Hennemann 1996 persönlich verwaltet wurde, ist offen, für den Vorwurf der Steuerhinterziehung jedoch nicht entscheidend.

Hennemann selbst hat einmal angegeben, bei dem Geld handele es sich nicht um privates Geld, sondern um Mittel, die bei Kapitalerhöhungen üblicherweise ausgeschüttet werden, um Kleinaktionären die Zustimmung zu erleichtern. Von solche Vorgängen wuste allerdings der Chefcontrolleur Kordes gestern nichts zu berichten.

Entscheidend für die Vorwürfe der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft ist, dass einzelne der Posten deutlich als persönliche Gelder zu erkennen sind. Hinter eine Summe von 1,5 Millionen hatte Hennemann drei Strichmännchen gemalt – die Steuerfahdung erkannte darin einen Hinweis auf die drei Töchter Hennemanns, für die das Geld offenbar bestimmt sei.

Weil die Steuerfahndung bei der Berechnung der Zinsen sehr pauschal von acht Prozent ausgegangen war, musste das Verfahren gestern auf den Herbst vertagt werden. Bis dahin soll ein Bank-Fachmann eine genauere Schätzung der nicht versteuerten Zinsen vornehmen.

Aufgrund des Steuerstrafverfahrens musste Hennemann seit 1993 keine Steuererklärung mehr machen. Wenn dieses Strafverfahren abgeschlossen ist – es droht im Extremfall eine Haftstrafe – wird das Finanzgericht die Frage klären müssen, ob auch für die Folgejahre von Zinseinkünften ausgegangen werden kann. Für den Vulkan dürfte es Hennemann nach 1996 kaum ausgegeben haben. Möglicherweise erklärt das, warum Hennemann nach seiner Festnahme 1996 sechs Millionen Mark Kaution aufbringen konnte. kawe