Rauchen verursacht Streit

Parteiübergreifende Initiative plädiert heute im Abgeordnetenhaus für komplettes Rauchverbot an Schulen – auch für Lehrer. Die Schulverwaltung aber hält nichts von Verboten und setzt auf Pädagogik

VON FLORIAN HÖHNE

In den Raucherecken stehen Pennäler und paffen, mit blauem Dunst füllen Lehrer ihre Raucherzimmer – vielleicht nicht mehr lange: Heute wird im Abegeordnetenhaus ein Antrag besprochen, der ein generelles Rauchverbot an Berliner Schulen fordert. Unterzeichnet haben neben der Initiatorin Claudia Hämmerling (Grüne) 74 Abgeordnete aus allen Fraktionen. Damit stehen die Chancen gut für ein generelles Rauchverbot.

Bislang steht es jeder Schule frei, Raucherecken einzurichten. Das Jugendschutzgesetz verbietet jedoch allen den Nikotinkonsum, die jünger als 16 Jahre alt sind. Nur sehr wenige Schulen haben den Älteren die Raucherecke verweigert. Sollte ein generelles Rauchverbot durchgesetzt werden, bliebe allen – auch den rauchenden Lehrern – nur die Flucht auf das öffentliche Straßenland vor der Schule.

Ein Anlass für den Antrag ist das gesunkene Einstiegsalter: Mit durchschnittlich 11,6 Jahren ziehen Berliner Kinder zum ersten Mal an der Zigarette. Dass angesichts dessen etwas getan werden muss, bezweifelt keiner – umstritten ist nur, was. So ist die Schulverwaltung gegen ein generelles Rauchverbot: „Es hat sich in der Pädagogik gezeigt, dass Verbote nichts bringen“, sagte Rita Hermanns, eine Sprecherin der Behörde. Stattdessen versucht die Schulverwaltung, den Nachwuchs mit dem „Netzwerk Rauchfreie Schulen“ vom Glimmstängel fernzuhalten: Es umfasst Unterrichtshilfen, Fortbildungen für Lehrer, Ausstiegshilfen für süchtige Raucher und den Nichtraucherwettbewerb „Be smart – don’t start.“

Hämmerling hingegen meint, es sei nicht genug, in Schulkonferenzen für ein selbst auferlegtes Rauchverbot zu werben. Ein generelles Rauchverbot könne die Initiativen für rauchfreie Schulen unterstützten: „Ältere Schüler und Lehrer könnten den jungen Schülern nicht mehr vorleben, dass Rauchen cool ist“, erklärt Hämmerling.

Zuspruch findet Hämmerlings Antrag in den Reihen aller Fraktionen von CDU bis PDS: „Freiwilligkeit ist nicht genug“, argumentiert Katrin Schulze-Berndt, die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. „Besonders wichtig ist, dass die Lehrer mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte Minka Dott, drogenpolitische Sprecherin der PDS. Raucher kriminalisieren wolle sie nicht.

Doch auch im Parlament befürworten nicht alle den Antrag. So hat Mieke Senftleben, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, einen Gegenvorschlag formuliert, der die Eigenverantwortung der Schulen stärker betont: „Verbieten ist zu einfach“, sagt sie, „die Schulen müssen selbst diskutieren und entscheiden können.“ Und auch der Senftleben-Antrag fand parteiübergreifend Unterstützer, von SPD und CDU.

Ob das generelle Rauchverbot kommt oder nicht – auf der Internetseite der Schulverwaltung hat sich schon was getan: Früher zeigte das Vorstellungsfoto Senator Klaus Böger (SPD) mit Pfeife. Auf dem aktuellen Foto lächelt der Schulsenator nichtrauchend in die Kamera.