Auf alles vorbereitet

Tomas Rosicky über seine tschechische Elf – und die nächsten Spiele gegen Holland und Deutschland

SINTRA taz ■ Kapitän Pavel Nedved hat für das erste Training nach dem Auftaktsieg gegen Lettland die ganz kurzen Hosen gewählt, und er krempelt sie auch noch nach innen hoch. Schließlich will man schön braun werden hier in Portugal. Derweil amüsieren sich die Torleute damit, von der Fünfmeterraumlinie die Kugel wie Basketballer gegen die Querlatte zu werfen. Keine Frage, Tschechiens Nationalspieler sind entspannt, schließlich können sie sich durch einen weiteren Erfolg am Samstag gegen Holland bereits vor der Partie gegen die deutsche Mannschaft für das Viertelfinale qualifizieren. So wird viel gelacht und geflachst. Auch Tomas Rosicky (23) von Borussia Dortmund ist guter Dinge nach der lockeren Übungseinheit beim Gespräch unter der schattigen Tribüne.

taz: Herr Rosicky, es sieht nach guter Stimmung aus bei Ihnen …

Tomas Rosicky: Die Stimmung ist sehr gut, klar. Wir sind glücklich, dass wir das Spiel noch umdrehen konnten. Daran hat man auch unsere mannschaftliche Geschlossenheit gesehen. Der erste Schritt ist getan.

Richtig feiern durften Sie allerdings nicht. Als Belohnung hat Ihr Trainer gerade mal ein Bier pro Mann gewährt und zehn Minuten Aufenthalt im Swimmingpool. In der Sonne zu sitzen ist komplett verboten. Ein Coach der alten Schule, oder?

Wir akzeptieren das. Bei dieser Hitze hat ohnehin keiner Lust, etwas anderes zu machen als in kühlen Räumen zu bleiben. Außerdem ist Karel Brückner sehr respektiert. Er arbeitet auf höchstem Niveau. Gegen Lettland hat er gezeigt, dass er auf verschiedene Situationen schnell reagieren kann. In der Schlussphase waren wir zu dritt hinten, zwei Abwehrspieler und ich. Alle anderen haben angegriffen, wir hatten vier Stürmer auf dem Feld. Das war riskant, aber es hat geklappt. Da sah man, wie variabel wir sind. Wir sind auf alles vorbereitet.

So glücklich wie hier im Kreis der Landsleute hat man Sie lange nicht gesehen. Ist die EM nach der chaotischen Saison in Dortmund eine willkommene Abwechslung?

Stimmt schon, hier zu sein ist eine Erleichterung für mich. Ich genieße die Zeit mit der Nationalmannschaft.

Ein paar der Vereinskollegen werden Sie kommenden Mittwoch wieder sehen. Die Partie gegen Deutschland muss etwas Besonderes für Sie sein …

Es kommt darauf an, was am Samstag passiert. Wenn wir Holland schlagen, sind wir durch. Dann könnte das Spiel gegen Deutschland für uns ein Freundschaftsspiel werden. Aber die Niederländer sind sehr stark. Gut möglich, dass bis zum letzten Spieltag alles offen bleibt. Das könnte richtig spannend werden.

Vielleicht läuft es am Ende auf das Torverhältnis hinaus. Haben Sie vor dem Spiel gegen Lettland auch daran gedacht?

Kann sein, dass es so kommt. Aber gegen die Letten werden sich auch die Deutschen schwer tun. Die sind wie eine Mauer, die sich vor dir aufbaut. Und gelingt dir kein schnelles Tor, kommt die Nervosität hinzu. Gegen die Letten gewinnt man nicht mal eben im Vorbeigehen 3 oder 4:0.

Ihr nächster Gegner Holland ist ein alter Bekannter. Schon in der Qualifikation trafen die beiden Teams aufeinander. In den Niederlanden gab es ein 1:1, in Prag hat Ihre Mannschaft 3:1 gewonnen und die Oranje so ins Play-off verwiesen …

Die werden ganz schön heiß auf uns sein!

Ihre Auswahl hat aber auch noch eine Rechnung zu begleichen: Bei der letzten EM gab es zum Auftakt ein 0:1, der Anfang vom Ende für die Tschechen …

Wir haben durch einen blöden Elfmeter in letzter Minute verloren, aber wir haben gut gespielt, wie eigentlich immer gegen Holland. Und ich hoffe, das wird auch diesmal so sein. Ich freu mich drauf. Das wird eine attraktive Begegnung. Holland ist spielerisch stark, die versuchen wie wir, Kombinationsfußball zu bieten. Das gefällt mir. Es wird nicht so sein wie gegen Lettland. Die werden sich nicht mit zehn Mann im Strafraum verrammeln.

Und die deutsche Elf?

Die pflegt einen ganz anderen Stil. Deutschland hat eine sehr kompakte Mannschaft, die kaum Torchancen zulässt, und sie versucht, dich ständig in Zweikämpfe zu ziehen.

INTERVIEW: RALF ITZEL