Annan hofiert NGOs

Die Organisationen, die parallel zur Unctad-Konferenz tagen, bekommen einigen hochrangigen Besuch

SÃO PAULO taz ■ Selten wurden NGO-Vertreter auf einem UN-Treffen so umworben wie in São Paulo. Schon vor Beginn der Unctad-Konferenz ging UN-General-Sekretär Kofi Annan zu dem parallel tagenden „Treffen der Zivilgesellschaft“ und forderte die regierungsunabhängigen Organisationen auf, für politischen Druck in ihren Ländern zu sorgen. „Die NGOs und die Bewegungen der Zivilgesellschaft erinnern uns ständig daran, dass wir nicht nur von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus bedroht sind“, sagte Annan der taz. „Ihre Fähigkeit, zu organisieren, zu mobilisieren und Politiker zu beeinflussen, ist für uns extrem wichtig.“

Am Dienstag machte Lula da Silva der „Zivilgesellschaft“ seine Aufwartung. Nachdem der brasilianische Präsident zuvor für eine „Waffensteuer“ und eine Art Tobin-Steuer plädiert hatte, um über einen UN-Fonds Maßnahmen gegen den Hunger zu finanzieren, kam er vor den 200 NGO-Vertretern auch auf die Rolle der „Basisbewegungen“ zu sprechen. Die „sollen dafür sorgen, dass die Dinge passieren“, sagte Lula mit Blick auf seine eigene, in bürokratischen Fallstricken gefangene Sozialpolitik. Offen ließ er, ob er sich für verbindliche Regeln für „sozial- und umweltverträgliche“ Produktionsweisen in den transnationalen Konzernen einsetzen will, die über den Global Compact hinausgehen. Dieser UN-Selbstverpflichtungskatalog geht auf eine Idee von Kofi Annan zurück, ein weltweites Netzwerk von Unternehmen zu schaffen, die sich zur Einhaltung von neun sozialen und ökologischen Prinzipien verpflichten.

Die Linken zeigten sich uneins. Während gut tausend Gewerkschafter und Landlose am Rande der Unctad-Eröffnungsveranstaltung unweit des Messegeländes gegen die gesamtamerikanische Freihandelszone und die „Welthalunkenorganisation“ demonstrierten, blieben auf der Alternativtagung die NGO-Profis weitgehend unter sich. Dass die Unctad und auch die von Brasilien vorangetriebenen Süd-Süd-Allianzen grundsätzlich zu unterstützen seien, war hier öfter zu hören.

Allerdings fehle der Unctad eine „klare Zielvorgabe“ dafür, welche Art der Entwicklung anzustreben sei, bemängelte Jürgen Krisch von Greenpeace. Armutsbekämpfung, Umwelt- und Frauenfragen würden in der Regel „ökonomischem Denken“ untergeordnet. Aus der Perspektive von unten laute die Gretchenfrage zu einem auch für die ärmeren Länder attraktiven Süd-Süd-Handel: „Wie kann das konkret umgesetzt werden?“ GD