Kölscher Streit um Urheberschaft

SPD und CDU reklamieren Regelung zur Verteilung von „illegalen“ Flüchtlingen beim Zuwanderungskompromiss jeweils für sich. Flüchtlingsrat: Gesetz ist ein „Trauerspiel“

KÖLN taz ■ Das neue Zuwanderungsgesetz dürfte der Stadt Köln Einsparungen in Millionenhöhe bringen. Über die politische Urheberschaft dieser Haushaltsentlastung ist jetzt ein Streit zwischen Christ- und Sozialdemokraten entbrannt.

Hintergrund ist der Paragraph 15a des geplanten Gesetzes. Er sieht eine formale Verteilung von unerlaubt eingereisten Ausländern auf die Länder und Kommunen vor. Das würde für Köln bedeuten, zukünftig deutlich weniger Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Bisher leben hier knapp 3.500 „Illegale“, während andere Großstädte nur wenige Hundert zu betreuen haben.

„Das ist ein riesiger Erfolg für die Union“, hatte Karl-Jürgen Klipper bereits am Freitag geschwärmt. „Die SPD hat ja nichts dafür getan“, stichelte der CDU-Ratsfraktionschef. Gestern nun konterte die Kölner SPD – und hatte sich dazu bundespolitische Prominenz zur Verstärkung geholt. „Ich habe es noch kein einziges Mal erlebt, dass die Probleme einer einzelnen Stadt mich so sehr beschäftigt haben“, meinte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz. Politiker der anderen Parteien hätten sich für das Problem der vielen so genannten Illegalen in Köln und die daraus resultierenden finanziellen und sozialen Probleme kaum interessiert. Er sei sowohl von NRW-Innenminister Fritz Behrens, Kölns SPD-Vorsitzenden Jochen Ott als auch der Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün eindringlich um Hilfe gebeten worden: „Dieter, das muss geregelt werden.“ Köln sei die einzige Stadt, die solche „signifikanten und spürbaren Probleme mit illegal Zugereisten“ habe, so Wiefelspütz.

Parteichef Ott betonte, dass die einzusparenden 20 Millionen Euro jährlich in Köln für die Integration verwendet werden sollten. Ratsfraktionschef Martin Börschel forderte, die Stadt müsse auf die „Abschreckungspolitik“ gegenüber Flüchtlingen verzichten.

Auf harsche Kritik ist das geplante Zuwanderungsgesetz unterdessen beim Kölner Flüchtlingsrat gestoßen. Der Kompromiss sei ein „Trauerspiel“, so der Flüchtlingsrat in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Flüchtlingsrat Leverkusen anlässlich des gestrigen Internationalen Tags des Flüchtlings.

Die „historische Chance“, ein „weltoffenes Zuwanderungsgesetz“ sowie einen „humanen Schutz für Flüchtlinge“ zu schaffen, sei vertan worden, kritisierte Rita Schillings vom Leverkusener Flüchtlingsrat. Die Anerkennung von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund sei lediglich die Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie. Geduldete Flüchtlinge müssten jetzt nach wie vor mit einem „faktischen Arbeits- und Ausbildungsverbot“, mit „Residenzpflicht“ und Sammellagern leben.

Frank Überall, Dirk Eckert