Feinheiten, wolkensanft

Bitte nicht länger unter „High Llamas“ einordnen: Pete Aves war mit seinem großartigen, von enormer Bescheidenheit geprägten Songwriting in der Astra-Stube zu erleben

Während am vergangenen Donnerstag in Hamburg die Beatles-Convention startete, um mit Überlebenden und Coverbands die Asche der Fab Four zu feiern, trat, so unabhängig wie überrascht davon, der Londoner Songwriter Pete Aves in der Astra-Stube auf. Und dessen Werk wäre ohne das Quartett unvorstellbar. Geboren im Erscheinungsjahr des Albums Revolver, muss Aves die als Kind gehörte Musik derart verinnerlicht haben, dass auch er ein wunderbarer Songwriter wurde. Sicher hat ihn diese Ambition dazu gebracht, einst selbst in einer Coverband den George zu geben. Beim Hören seiner Songs jedenfalls schleicht sich sogleich das gewisse Beatles-Gefühl ein.

Pete Aves? Den Namen kennt kaum einer – noch. So klebt auf seiner Solo-CD, immerhin bereits der dritten, wiederum der Sticker „Please file under High Llamas“, denn auch bei den britischen Beach-Boys-Nachlassverwaltern spielt Mr. Aves die Gitarre. Noch mehr Einstiegshilfen? Wer vor zwei Jahren das Konzert der US-Songwriter-Legende Lee Hazlewood in Hamburgs Fabrik besuchte, hat ihn gesehen – wiederum als Gitarristen.

Aber solcher Brücken bedurfte es nur für Ahnungslose, um an diesem Abend, da Sintflut und Fußball das Ausgehen erschwerten, den Weg in die Astra-Stube zu erleichtern. Immerhin ging es EM-Gucker-freundlich spät los, was dem Briten nach dem 3:0 contra Schweiz nur recht sein konnte.

„Would I be a footballplayer or a pop star in a pop group like The Sweet“, fragte Aves im ersten Song, „or would I be just Pete?“ Die Anwesenden schienen froh, dass er den Weg zum Pop eingeschlagen hat. Da ist er sehr produktiv, und weil viel unterwegs, schreibt er die Songs oft auswärts. So hat uns sein erster Hamburgbesuch eine Reminiszenz an das Rotlichtviertel, an „Herbert-“ und „Rope-Street“, beschert; ein weiterer entstand in New York und dreht sich ums Miles-Davis-Studio.

Der Feingeist versteht sich auf ein derart elegantes Zitieren, dass die Huldigungen an Jazz, Pop und Folk zunächst wolkensanft am Unbewussten vorbeiziehen, bevor einem klar wird, warum diese Passage einem so vertraut war. Und alle kompliziert-simplen Melodien sind so stimmig und emtional wirksam, dass ich anmaßend von mir glaube, sie schon beim zweiten Hören „by heart“ zu können.

Bei Duetten wie „Making History“ kam die ebenfalls virtuose Sarah Freestone mit zweiter Gitarre und Stimme dazu. Und dann gab‘s doch noch die Beatles: Ein „Ticket to Ride“ als Zugabe – und hoffentlich eines retour, zum Release seiner vierten CD im nächsten Herbst. Die kaufen wir dann und ordnen sie ganz vorne ein – unter A wie Aves.

Imke Staats