Sturkopf vor Gericht

Peter S. will für seine Tochter keinen Unterhalt zahlen. Seine Begründung: Er zahle erst, wenn er sie sehen könne. Doch darum ging es nicht

Peter S.: „Erst will ich meine Tochter sehen, dann zahle ich jeden einzelnen Cent.“

taz ■ Ein Fall außergewöhnlicher Sturheit wurde gestern vor dem Bremer Amtsgericht verhandelt. Peter S., arbeitsloser Gerüstbauer, Jahrgang 1975, hatte noch keinen Cent Unterhalt für seine vierjährige Tochter gezahlt, obwohl er dazu verpflichtet ist und finanziell auch in der Lage wäre. Aber er dachte gar nicht daran, damit in naher Zukunft zu beginnen. Weder die Ermahnungen des Jugendamtes noch seine Vorladung vor Gericht konnten an seiner Haltung etwas ändern. „Ich sehe nicht ein, dass ich zahlen soll, wenn ich meine Tochter nicht sehen kann“, räumte er freimütig ein und verblüffte mit seiner Offenheit den Richter. Der versuchte umsonst, dem Beklagten klarzumachen, dass er eine Straftat begehe und mit Freiheitsentzug rechnen müsse. Peter S. interessierte das jedoch wenig. Er beharrte darauf, dass Behörden und Gerichte doch „immer nur den Pussys helfen“ – und die von ihm getrennte Mutter seiner Tochter „lügt, dass sich die Balken biegen“.

Britta S. hatte sich in den ersten Schwangerschaftsmonaten vom Vater getrennt, weil sie von einem Seitensprung Wind gekriegt hatte. „Aber später waren wir noch mal zusammen“, behauptete Peter S., was seine Ex allerdings bestritt. Doch wer wann mit wem geschlafen hatte und welche Zeugen es dafür gebe – das sei für die Verpflichtungen, Unterhalt zu zahlen, unerheblich, betonte der Richter. Umsonst. Peter S., dem das Jugendamt nach der Geburt noch mit einem Vaterschaftstest drohen musste, bis dieser eingestand, etwas mit dem Kind zu tun zu haben, blieb dabei: „Erst Umgang, dann zahle ich jeden einzelnen Cent.“

„So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte Richter Hans Ahlers nach der Verhandlung. „Normalerweise kommen die mit allen möglichen Gründen und versuchen sich rauszureden.“

Peter S. dagegen tat alles, um seine Position zu verschlechtern. So brüstete er sich damit, den Lohnpfändungen entgangen zu sein, indem er rechtzeitig den Arbeitgeber wechselte. Außerdem ging er seine ehemalige Freundin verbal so aggressiv an, als diese als Zeugin auftrat, dass der Richter die Frau nach der Urteilsverkündung bat, doch im Verhandlungszimmer zu warten, bis Peter S. das Gebäude verlassen hätte.

Erst da schien dem jungen Mann allmählich zu dämmern, dass er sich in eine missliche Lage manövriert hatte. Sechs Monate Freiheitsentzug ohne Bewährung lautete das Urteil. Erst nachdem dieses gesprochen war, bat Peter S. den Richter um ein Gespräch. „Ohne aggressiv zu sein“, wie er hinzufügte. „Er hatte den Warnschuss dann wohl gehört“, sagte Ahlers. Eine Woche hat Peter S. jetzt Zeit, um gegen das Urteil anzugehen. Sollte er gleichzeitig die Unterhaltszahlungen nachholen, sei es wahrscheinlich, dass das Urteil abgemildert würde, so der Jurist. Ob Peter S. dann allerdings seine Tochter zu sehen bekommt, müsse im Zweifel ein Familiengericht entscheiden. Prinzipiell sei sie einverstanden, sagte Britta S. „Aber nicht bei mir zu Hause und nur, wenn andere dabei sind.“ eib