Richter prüfen höhere Ansprüche von Kindern

Das Bundessozialgericht in Kassel entscheidet am Dienstag, ob der Hartz-IV-Regelsatz für Minderjährige ausreicht

BERLIN taz ■ Das Bundessozialgericht in Kassel prüft am heutigen Dienstag, ob die monatlichen Hartz-IV-Leistungen für Kinder deren Existenzminimum abdecken. Kläger sind vier Kinder, die schon 2005 vor Gericht gegangen waren, weil das monatliche Geld nicht ausreichte.

Laut Gesetz erhalten Kinder zwischen 0 und 13 Jahren in Hartz-IV-Familien 60 Prozent des Regelsatzes eines Erwachsenen – also zurzeit 211 Euro. Ältere Kinder bekommen 80 Prozent.

Die Kinder und ihre Familien hatten schon vor drei Jahren bei den zuständigen Jobcentern ein höheres Sozialgeld gefordert, weil sie von dem Geld nicht leben konnten. Rechtsanwalt Martin Reucher, der einen Kläger vertritt, sagte, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit seien mit den derzeitigen Hartz-IV-Regelsätzen nicht gewährleistet. Kinder hätten einen alterstypischen Bedarf und brauchten nicht einfach nur 60 Prozent des Bedarfs von Erwachsenen.

Auch an anderer Stelle steht eine Entscheidung über das Hartz-IV-Geld für Kinder an. Ende Oktober 2008 hatte das Hessische Landessozialgericht in einem weiteren Verfahren die Regelsätze für Kinder als verfassungswidrig eingestuft. Vergangene Woche ging der Beschluss schriftlich ans Bundesverfassungsgericht. Die hessischen Richter bemängeln darin, dass es keinen sachlichen Grund dafür gebe, für Kinder nicht mehr Bedarf festzulegen.

Auch hier hatte eine Familie geklagt, die das Hartz-IV-Geld für ihr Kind als zu gering ansah. Die 11-jährige Tochter hatte nicht genügend Geld für Sport, kulturelle Veranstaltungen und Schulausflüge gehabt – sogar das Schulessen konnte sich die Familie nicht mehr leisten. Laut den hessischen Richtern, die ihre Entscheidung auf vier Gutachten stützen, hat das zu einer Stigmatisierung des Kindes geführt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Die Bundesregierung hat auf die Problematik reagiert: Im geplanten Konjunkturpaket hat sich die Koalition darauf geeinigt, den Satz für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren auf 70 Prozent zu erhöhen. Damit würden sie ab Juli knapp 246 Euro erhalten. Rund 820.000 Kinder würden davon profitieren.

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, hält selbst diese Aufstockung für unzureichend. „Die Prozentzahlen sind nicht nach den Bedürfnissen von Kindern berechnet, sondern willkürlich festgelegt“, sagte Hilgers. Der erhöhte Betrag für Kleidung, Gesundheitsvorsorge und Bildung sei nicht bedarfsgerecht. NICOLE JANZ