Auf der Suche nach den Gründen

Die Kölner Regisseurin Rita Erben setzt sich in ihrem Film „Roter Stern am Everest“ mit den Ursachen des nepalesischen Bürgerkriegs auseinander. Das Allerweltshaus zeigt die Produktion heute Abend

VON OLIVER MINCK

Was ist die Wahrheit hinter einem bewaffneten Konflikt? Dieser Frage geht die Kölner Filmemacherin Rita Erben immer wieder nach, zum Beispiel in Kolumbien und Mali. Ihre jüngste Dokumentation „Roter Stern am Everest“ dreht sich um die komplexe Konfliktsituation in Nepal. Um 20 Uhr wird der Film heute im Allerweltshaus im Rahmen der „Horizonte“ gezeigt, einer Veranstaltungsreihe, bei der die Arbeit Kölner Menschenrechtsaktivisten und Eine-Welt-Initiativen vorgestellt wird.

„Nepal steht für viele Länder“, sagt Rita Erben. „Ich bin seit zehn Jahren in der Menschenrechtsarbeit tätig, aber seit dem 11. September 2001 hat sich da einiges verändert. Sobald man heute den Mund aufmacht, wird man in vielen Ländern gleich als Terrorist beschimpft.“ Über Nepal hatte Erben, die 1998 mit ihrem Film „Tatort: Manila“ über Kindesmissbrauch für Aufsehen sorgte, lediglich eine Notiz in der Zeitung gelesen. „Ich hatte erst keine Ahnung. Natürlich gibt es diesen Terror, aber warum?“

Eigentlich hätte Kali Bahadur Rokaya, Menschenrechtler aus Nepal, sie auf ihrem Fußweg durch den Himalayastaat begleiten sollen. Doch da er auf der Todesliste des dortigen Militärs steht, fiel der Plan ins Wasser. Er stammt nämlich selbst aus der armen und ländlichen Region Nepals, die sich inzwischen fest in der Hand der Maoisten befindet. Diese sind aus der Kommunistischen Partei hervorgegangen und stehen seit 1996 im Krieg mit der Militärregierung des nepalesischen Monarchen Gyanendra Bir Bikram Shah Dev. Nach einem bislang ungeklärten Massaker innerhalb der Königsfamilie im Jahr 2001 hat sich der Konflikt zwischen Militär und Maoisten verschärft. Die Untergrundkämpfer wollen eine Volksregierung und eine soziale Landreform.

„Es kann keine militärische Lösung geben“, warnt Rokaya. „Das Problem ist tief in der religiösen, sozialen und ökonomischen Geschichte des Landes verwurzelt.“ Eine Unterstützung des Militärs sei deshalb der falsche Weg. „Die Internationale Gemeinschaft muss Druck ausüben auf die Regierung, mit den Maoisten in Dialog zu treten. Die Maoisten sagen, sie seien bereit zum Dialog. Sie wollen das Problem lösen und über Friedensgespräche den Krieg beenden.“

Die 49-jährige Erben glaubt nicht mehr, mit ihren Filmen etwas erreichen zu können, „das ist eher so eine persönliche Befriedigung“. „Ich glaube aber, dass jeder Mensch wissen will, was in der Welt passiert. Und fragt: Was kann ich da tun?“ In den Medien sei es aber nicht mehr angesagt, Filme dieser Art zu machen. „Wenn ich meine Themen anbiete, sagen immer alle: Hast Du nichts Leichteres? Es gibt nur noch wenige Nischen für solche Filme.“ Sie selbst werde aber von einem „ausgeprägten Unrechtsbewusstsein“ angetrieben, sagt sie: „Immer wenn ich wieder in Deutschland bin, denke ich: Wir leben auf einer Insel.“

„Nepal – Roter Stern am Everest“: Film und Diskussion mit Rita Erben und Kali Bahadur Rokaya, heute, 20 Uhr, Allerweltshaus Köln, Körnerstr.77-79