berliner szenen Weltanschauung

Mit Doppel-u

Wie hat sich das Deutsche in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt? Wenn man der Journalistin Vanna Vannuccini Glauben schenken will: fortschrittlich. Prägten einst Vokabeln wie Blitzkrieg, Panzer, Gehorsam (Männer) bzw. Kinder, Kirche, Küche (Frauen) das Bild im Ausland, seien es heute Friedens- und Frauenbewegung, Kindergarten und Beziehungskiste.

Zugegeben, nicht die frischesten Beispiele. Unterhaltsam war die „Einführung in die Seele der Deutschen“ im Italienischen Kulturinstitut trotzdem. Die von der früheren Bonn-Korrespondentin von La Repubblica vertretene These: Zwar wisse sie nicht, was zuerst da war, aber Sprache und Denken spiegelten einander. Und auch wenn ihr Landsmann Umberto Eco die Ansicht vertrete, alles sei übersetzbar (der Moderator: „Er kann wahrscheinlich kein Deutsch“), gäben gerade unübersetzbare Wörter Auskunft. Das Deutsche sei einerseits besonders klein und genau. Andererseits neige es den letzten Dingen zu, sei alles groß und wichtig.

Gemeint waren nicht Hegels Weltgeist oder Heidegger’sche Seinsphilosophie, sondern Feierabend, Männerfreundschaft und Damenkränzchen. Lebensgefährte zum Beispiel oder gar Lebensabschnittsgefährte – so präzise könne keine andere Sprache das Verhältnis Nicolas Sarkozys mit Carla Bruni benennen. Mieter finde man auch in Rom, Nachmieter aber nur in Berlin. Historisch habe der Querdenker den Nestbeschmutzer ersetzt, die Weltanschauung die Ideologie und die Vor- die Schadenfreude.

Das Publikum spielte fröhlich mit: Ob es im Italienischen ein Unwort des Jahres gebe? Handy sei so wunderschön, dass selbst Briten es benutzten. Und: Gibt es nur deutsche Klugscheißer oder auch italienische?

ROBERT SCHRÖPFER