Strom vom Dach ernten

In Deutschland gibt es rund 80.000 Solarstromanlagen. Und es werden täglich mehr: Die Technik ist ausgereift und die Forschung immer noch für Überraschungen gut. Auch politisch gibt es Rückenwind

VON ANDREAS LOHSE

Eine Photovoltaikanlage produziert aus Sonnenlicht Gleichstrom – man erkennt diese Anlagen an jenen bläulich schimmernden, großflächigen Modulen auf dem Dach (nicht zu verwechseln mit Solarkollektoren zur Erwärmung von Wasser). Gleichstrom lässt sich im Haushalt indes nicht nutzen – es sei denn, man verfügt über Geräte, wie sie für Boot und Camping angeboten werden. Dann lässt sich beispielsweise auch das Gartenhäuschen mit einer so genannten Inselanlage (Solar Home System) autark mit Strom versorgen. Doch das ist in unseren Breiten nicht die Regel, sondern wird häufig in Entwicklungsländern verwendet sowie dort, wo ein Stromanschluss nicht unmittelbar in der Nähe verfügbar ist und nur mit großem Aufwand kostspielig gelegt werden muss. Hier zu Lande wird der photovoltaisch erzeugte Gleichstrom deshalb zumeist über einen so genannten Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt – und ist dann für alle gängigen Stromverbraucher nutzbar.

Das Problem: Um über den Solarstrom im eigenen Haus Tag und Nacht verfügen zu können, müsste er in großen Batterien zwischengespeichert werden. Denn Strom wird nur dann produziert, wenn Licht auf die Module fällt – dazu bedarf es gar nicht mal des Sonnenscheins. Batterien von hoher Kapazität aber würden die Systemtechnik enorm verteuern. Doch sie sind schlicht überflüssig: Nahezu jedes Haus hat schließlich in unseren Breiten unmittelbar Anschluss an den größtmöglichen verfügbaren Stromspeicher – das allgemeine Stromnetz. Die PV-Anlage wird – so wie auch jedes andere Kraftwerk – mit dem Netz verbunden, der Solarstrom wird dort eingespeist. Die Energie steht also jedem Verbraucher zur Verfügung und wird nicht unmittelbar vom Erzeuger genutzt. Benötigt er Strom, holt er ihn sich ebenfalls aus dem allgemeinen Netz. Der Unterschied zu konventionellen Kraftwerken: Die Sonne scheint kostenlos, ist umweltfreundlich, bringt weder Schadstoffemissionen mit sich, noch hinterlässt sie nukleare Abfälle.

Die Leistungsfähigkeit von Photovoltaikanlagen wird in Kilowatt (kW) gemessen. Als Faustformel gilt: Ein Kilowatt Anlagenleistung erbringt im bundesdeutschen Durchschnitt etwa 900 Kilowattstunden Strom – je nach geografischer Lage, Modultyp, Dachform und Ausrichtung der Anlage mal etwas mehr, mal etwas weniger. Je nach Anlagentyp benötigt man über den Daumen gepeilt pro Kilowatt Leistung etwa zehn Quadratmeter Dachfläche – es können durchaus auch mehr sein.

Wichtig ist, dass die PV-Anlage nicht verschattet wird. Schattenwürfe, etwa durch hohe Bäume, Gauben, Schornsteine oder Antennen, können die solare Ausbeute erheblich mindern.

Außer einem Dach für die Module benötigt man noch etwas Platz im Haus für die Systemtechnik: Während der bereits vorhandene Stromzähler die Energiemenge misst, die im Haus verbraucht wird, zeigt ein notwendiger zweiter Stromzähler, wie viel Strom die Anlage ins Netz einspeist. Wird der schon erwähnte Wechselrichter nicht unmittelbar in der Nähe der Anlage montiert, wird auch dafür etwas Platz im Hause gebraucht, ferner ein Netzanschlusskasten und auf Wunsch etwaige Instrumente zur Ertragsmessung zur Überwachung der Funktionen oder auch ein Display, auf dem die Höhe des Stromertrags ablesen werden kann.

Eine schlüsselfertige Anlage einschließlich aller notwendigen Komponenten, Montage und Anschlusskosten gibt es bereits zwischen rund 5.000 und 6.000 Euro pro Kilowatt Leistung. Ein durchschnittliches privates Solarkraftwerk hat etwa vier Kilowatt – darüber und darunter ist aber individuell je nach Platzangebot und Geldbeutel alles möglich.

Und Solarstromanlagen rechnen sich: Jede auf einem Hausdach solar erzeugte und ins Netz eingespeiste Kilowattstunde wird vom zuständigen Energieversorger mit mindestens 57,4 Cent vergütet (für Anlagen mit einer Leistung bis zu 30 kW). Sind die Anlagen in die Hausfassade integriert, gibt es sogar 62,4 Cent pro Kilowattstunde (Anlagen bis 30 kW). Denn Fassadenanlagen erbringen etwas weniger Ertrag, sind aber architektonisch durchaus ansehnlich und können in Verbindung mit anderen Maßnahmen auch zur Wärmedämmung beitragen.

Diese Vergütungssätze variieren je nach Leistung der Anlage. Die Summen sind gesetzlich im Erneuerbare-Energien-Gesetz mit einer Laufzeit von 20 Jahren festgeschrieben, dessen Abschnitt über Solarstrom jüngst novelliert wurde und Anfang des Jahres in Kraft trat. Allerdings ist diese Vergütung keine staatliche „Subvention“, wie industrielle Interessengruppen oder schlecht informierte Seiten gern kolportieren. Die Vergütung wird vielmehr mittels einer geringen Umlage auf den allgemeinen Stromtarif finanziert, die von den Verbrauchern aufzubringen ist. Damit werden sämtliche Einspeisevergütungen auf Basis erneuerbarer Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser gedeckt. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums liegen die dadurch entstehenden Mehrkosten pro Haushalt bei etwa einem Euro pro Monat.

Wer sich für eine Solarstromanlage interessiert, sollte mehrere Angebote einholen, vorzugsweise bei Installationsbetrieben in der Nähe. Das spart Fahrzeiten und damit Kosten. Selbst wenn die Anlage des nächstgelegenen Handwerkers leicht teurer sein sollte als die eines entfernten Systemanbieters, ist ein guter persönlicher Draht zum Installateur nicht zu unterschätzen. Dann nämlich kann man durchaus damit rechnen, dass der Handwerker auch mal am späten Freitagnachmittag kommt, falls in der Anlage Störungen auftreten. Das ist bares Geld wert: Schließlich schmälert jede nicht produzierte Kilowattstunde Strom die Einspeisevergütung – ein Ausfall des Kraftwerks am sonnigen Wochenende mindert also erheblich den Ertrag.