Berlusconi jetzt rundum legal

Kurz vor der Sommerpause verabschiedet Italiens Parlament noch schnell zwei Gesetze, die sämtliche Interessenkonflikte zwischen dem Politiker Berlusconi und dem Unternehmer Berlusconi in Luft auflösen – natürlich ohne das ausdrücklich zu sagen

aus Rom MICHAEL BRAUN

Berlusconi-Abend im italienischen Parlament: Spät am Dienstag winkte der Senat ein neues Mediengesetz durch, und zeitgleich verabschiedete das Abgeordnetenhaus ein Gesetz zum Interessenkonflikt. Beide betreffen direkt die beherrschende Stellung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf dem italienischen Medienmarkt und die daraus resultierenden politischen Folgen – und beide Male darf sich der Ministerpräsident freuen. Beide Gesetze müssen unmittelbar nach der Sommerpause noch das jeweils andere Haus des Parlaments passieren.

Das jetzt vom Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Regierungsmehrheit gebilligte Gesetz zum Interessenkonflikt hat einen hehren Anspruch: Es soll vermeiden, dass die privaten Interessen eines unternehmerisch tätigen Politikers auf Kosten der öffentlichen Interessen zum Zuge kommen. Doch Berlusconi darf weiter ruhig schlafen. Denn in dem Paragraphenwerk heißt es eingangs gleich explizit, die „bloße Eigentümerschaft“ an einem Unternehmen schaffe keine Inkompatibilität mit staatlichen Ämtern. Auf gut Italienisch: Der „bloße“ Mediaset-Eigner Berlusconi darf sein TV-Imperium und alle anderen Firmen behalten, auch wenn er das Land regiert. Nur operativ leiten darf er seinen Laden nicht – das aber besorgt schon seit 1994 sowieso einer seiner engsten Vertrauten.

Zweitens muss der Politiker Berlusconi davon absehen, beim Regieren seine Firmen zu begünstigen; die Definition ist aber auch hier so restriktiv, dass er keine Angst haben muss. Denn Vorteile dürfen dem Unternehmer Silvio durch die vom Politiker Berlusconi angeschobenen Gesetze durchaus entstehen – sie dürfen nur nicht exklusiv und explizit auf ihn selbst beschränkt sein. Wenn also in einem Gesetz stünde, die Mediaset dürfe drei Fernsehsender besitzen, dann wäre das illegal – wenn Berlusconi aber aufschreiben lässt, „ein TV-Anbieter“ dürfe seine Marktstellung ausbauen, dann vermag auch das neue Gesetz keinen Interessenkonflikt zu erkennen, anders als der gesunde Menschenverstand.

Wie dieser Interessenkonflikt das politische Geschehen beherrscht, zeigte sich derweil mit der Verabschiedung des neuen Mediengesetzes im Senat. Dort wurde Berlusconi gleich dreifach bedacht. Erstens darf er seine drei terrestrisch ausstrahlenden Fernsehsender behalten, während das alte Mediengesetz mittelfristig die Abgabe eines Senders vorgeschrieben hatte; das Verfassungsgericht hatte entschieden, dass spätestens 2004 diese Abgabe erfolgen sollte. Zweitens darf sich Berlusconi ab 2009 auch bei Tageszeitungen einkaufen, während bisher ein Verbot für TV-Unternehmer gegolten hatte, zugleich Tageszeitungen zu halten. Und drittens werden die fusionsrechtlichen Beschränkungen beim schon jetzt von Berlusconi beherrschten Werbemarkt stark aufgeweicht. Seine Unternehmen dürfen in Zukunft ganz legal ihre Position weiter ausbauen und jährliche Mehreinnahmen von bis zu 10 Milliarden Euro kassieren.