Mehrkämpfer nach Athen tragen

Die deutschen Mehrkämpfer kämpfen am Wochenende in Ratingen um Olympia-Tickets. Bei den Männern ist noch kein Startplatz gesichert. Ein Grund für diese negative Bilanz ist die fehlende Belastbarkeit der Nachwuchsleute

RATINGEN taz ■ Die goldenen, oder besser: silbernen Zeiten, sind vorbei – zumindest im deutschen Zehnkampf. Seit dem Rücktritt des Ruhrgebietsmatadors Frank Busemann vor zwei Jahren dümpelt die ehemalige Vorzeigesportart des Deutschen Leichtathletik Verbandes vor sich hin. Auch am Wochenende, beim Mehrkampfmeeting in Ratingen, ist nicht zu erwarten, dass die Teilnehmer an die Leistungen von Willi Holdorf, Guido Kratschmer oder Jürgen Hingsen anknüpfen können.

Spannung bezieht der Wettkampf nach der Absage von Weltrekordler Roman Sebrle (Tschechien) in erster Linie aus der Qualifikation für die olympischen Spiele in Athen. Noch knapp 60 Tage sind es bis zum Olympia-Zehnkampf. Bislang ist noch kein Athlet qualifiziert – obwohl die Norm auf 8.000 Punkte gesenkt wurde. Sollte es dabei bleiben wäre dies ein Novum in der deutschen Leichathletikgeschichte. Der Berliner Andre Niklaus kam beim Meeting von Götzis mit 7.929 Punkten als einziger deutscher Vertreter in die Nähe der Norm. Zum Vergleich: Roman Sebrle siegte mit 8.842 Punkten, insgesamt kamen zwölf Athleten über die 8.000er Marke.

„Ich gehe davon aus, dass wir zwei Zehnkämpfer mit nach Athen nehmen können“, hofft Bundestrainer Claus Marek. Neben Niklaus bemühen sich vor allem Stefan Schmid aus Karlstadt, Sebastian Knabe aus Halle/Saale und der ehemalige Junioren-Weltmeister Dennis Leyckes von der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen um die Norm. „Das sind alles Leute, die 8.200 bis 8.300 Punkte drauf haben“, sagt Marek, „einen richtigen Knaller haben wir momentan aber nicht.“ Und er ist auch nicht in Sicht. Viele Nachwuchsleute seien körperlich nicht mehr so belastbar, ihnen fehle vor allem das Durchhaltevermögen. Marek ist dennoch zuversichtlich, dass in nächster Zeit die „hohen 8.000er Punktzahlen“ angepeilt werden können.

Die Hoffnungen von Athleten und Trainern richten sich also wieder auf das Ratinger Meeting. Bei der ersten Auflage im Jahr 1997 siegte der Dortmunder Frank Busemann mit 8.556 Punkten vor Klaus Isekenmeier aus dem ostwestfälischen Salzkotten (8.310) und Stefan Schmid (8.279) aus Karlstadt. Auch in der Folge konnten die deutschen Teilnehmer das Ratinger Meeting als Qualifikationssprungbrett für internationale Meisterschaften nutzen. Einzige Ausnahme: das etwas verhagelte Wochenende im vergangenen Jahr. Sebastian Knabe blieb damals bei 7.600 Punkten stecken. Sieger wurde Roman Sebrle, der ein Jahr zuvor mit 8.701 Punkten einen neuen Stadionrekord aufstellte. Eine Marke, die auch in diesem Jahr halten sollte.

Etwas im Schatten des Zehnkampfes stand immer schon der Siebenkampf der Frauen – vor allem nach dem Karriereende der Rekordlerin und mehrfachen Medaillengewinnerin Sabine Braun aus Wattenscheid. Immerhin haben mit Sonia Kesselschläger aus Neubrandenburg und vor allem der Nachwuchshoffnung Lilli Schwarzkopf aus Paderborn zwei Athletinnen die Norm übertroffen. Die Tickets Richtung Athen haben sie dennoch nicht sicher. Sollten weitere Athletinnen die Norm übertreffen, darf der Verband entscheiden. HOLGER PAULER

Mehrkampfmeeting Ratingen 26. und 27. Juniwww.mehrkampf-meeting.de