Alles nur Stimmungsmache

Wirbel um die RAF-Ausstellung: CDU-Fraktionsvize Friedrich Merz entdeckt einen „unglaublichen Skandal“. Reemtsma distanziert sich nicht von den Machern

BERLIN taz ■ Selten hat es so viel Aufregung um eine Ausstellung gegeben, von der noch nicht mal eine gültige Konzeption existiert. Doch das Thema RAF sorgt noch immer verlässlich für Trubel. Die Berliner Kunst-Werke planen die Ausstellung zum Thema RAF und Kunst. Unionsfraktionsvize Friedrich Merz nannte die Ausstellung einen „ungeheuerlichen Skandal“. FDP-Chef Guido Westerwelle ließ verlauten, dass für eine so einseitige Auseinandersetzung mit der RAF kein Steuergeld verwendet werden dürfe.

Der künstlerische Ausstellungsleiter Klaus Biesenbach kommentierte diese gesinnungsfesten Angriffe mit gewissem Wohlwollen: „Die öffentliche Erregung spricht doch dafür, dass es ganz wichtig ist, diese Aufarbeitung eines schrecklichen Kapitels der Bundesrepublik zu machen.“ Und: „Das Projekt bezweckt genau das, was uns jetzt vorgehalten wird: eine historisch fundierte Einordnung der RAF zu ermöglichen, um einer Glorifizierung und Mythenbildung entgegenzuwirken.“ Allerdings räumte er ein, dass er es versäumt habe, die Angehörigen der RAF-Opfer früher einzubeziehen. Es sei geplant gewesen, allen Angehörigen von RAF-Opfern einen Brief zu schreiben. Das werde in der nächsten Woche geschehen. Dieser Punkt scheint die einzig ernst zu nehmende Kritik in dieser von der Bild-Zeitung maßgeblich lancierten „Affäre“ zu sein: die Frage, wie Kunst, Zeitgeschichte und die Perspektive der Opfer verbunden werden können. Untergegangen ist in der überdrehten Debatte bisher, dass die Ausstellung die Darstellung der RAF in der Kunst fokussiert.

Für Irritationen sorgte gestern eine von der Rheinischen Post kolportierte Äußerung des Hamburger Mäzens Jan Philipp Reemtsma, der das Hamburger Institut für Sozialforschung finanziert. Er habe den Machern „inzwischen verboten, mit seinem Namen für die Schau zu werben“. Diese Formulierung gab gestern Rätsel auf. Denn die Ausstellung kooperiert mit Wolfgang Kraushaar, Mitarbeiter beim Reemtsma-Institut und bewährter Kritiker linker Ideologiebildungen – aber keineswegs mit dem Reemtsma-Institut. Reemtsma stellte gestern Nachmittag klar, dass er sich keineswegs von der Ausstellung distanziert habe (die u. a. von Filmemacher Harun Farocki und Antje Vollmer beraten wird). Beate Barner, Geschäftsführerin der „Kunst-Werke“ in Berlin, sagte gestern zur taz, die Ausstellung sei ihrer Ansicht nach durch den öffentlichen Druck bislang nicht gefährdet. SR