Ein Tor zur City

Aus dem ehemaligen Polizeihaus wird das Forum am Wall, in dem die Zentralbücherei ihr Quartier aufschlagen wird. In den architektonischen Mix aus Jugendstil, wilhelminischem Prunk und mediterraner Leichtigkeit ziehen außerdem Gerichte und ein paar Geschäfte. Ein Baustellenbesuch

Wer vom Viertel in die Innenstadt will, kommt um diese Trutzburg nicht herum. Furchteinflößend ragt der Turm des Polizeihauses am Wall in den Bremer Himmel. In solchen Gebäuden dreht man gemeinhin Gespensterfilme oder sperrt Gefangene weg. Als die Polizei dort ihre Zentrale hatte, stand im Innenhof ein Gefängnis. Damals führte der Weg ins Haus durch ein Portal mit Flügeltüren aus schwerem Eichenholz. Heute öffnet sich nur einige Meter neben dem alten Eingang eine automatische Schiebetür.

Eintretende stehen plötzlich in einem mediterran anmutenden Atrium. Anstelle massiven Granits – wie an der Außenfront – begrenzt orange und gelb gestrichener Putz den Innenhof. Über all dem schwebt in einiger Höhe eine luftige Konstruktion aus Glas und Stahl, die dem Bremer Wetter trotzen soll. Zwar ist der Boden noch von Baustaub bedeckt, in den kleinen Gräben plätschert kein Wasser und die Ladengeschäfte auf der Seite stehen leer. Das wird sich aber bis Oktober ändern, wenn alle Mieter in das „Forum am Wall“, wie das Polizeihaus künftig heißen soll, eingezogen sind. Im Atrium befinden sich dann ein amerikanisches Café, kleinere Geschäfte, eine Suppenbar und das Bremer Tanzfilminstitut.

Der größte Mieter aber ist die städtische Zentralbücherei. Auf vier Geschossen zieht die Bibliothek mit ihrem Bestand ein. Die Bücherregale werden sowohl in einem Neubau auf dem Innenhof als auch in den Fluren des alten Gebäudes stehen. Über frei hängende Brücken gelangt man vom einen in den anderen Teil – eichengetäfelte Kammern wechseln sich mit weitläufigen Hallen in moderner Schlichtheit ab. Im 1908 fertiggestellten historischen Trakt hat Architekt Thomas Klumpp versucht, möglichst viel des leicht skurrilen Mixes aus Historizismus und Jugendstil-Ornamenten zu erhalten. Hier bricht sich die Dekadenz der 20er Jahre mit gediegener wilhelminischer Würde. Im Treppenhaus etwa finden sich neben klassizistischen Säulen verspielte Gußeisenverzierugen an den Geländern.

Betritt man die alte Eingangshalle durch das massive Portal, überrascht einen ein futuristisches Stuckornament an der Decke. Diesen Raum will die Bibliothek für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzen. Ganz anders der Lesegarten in einem abgetrennten Teil des Atriums: Dort sollen Bücherfreunde inmitten von Pflanzen in Ruhe schmökern können. Ins neue Domizil zieht nicht nur die Zentralbücherei vom Schüsselkorb, sondern auch die Musikbibliothek, die Graphothek und die Zweigstelle Neustadt mit ihrer Krimibücherei. Außerdem sollen 100 Internet-Rechner zur Verfügung stehen.

Ins repräsentative und zentral gelegene Forum am Wall wäre gerne auch die Volkshochschule Bremen eingezogen. Der Senat befand aber damals, das Polizeihaus benötige mehr kommerzielle Nutzer. Jetzt aber belegen diverse Gerichte und das Innenstadtrevier der Polizei den Großteil den neben der Bibliothek verbleibenden Fläche. So ist es kaum verwunderlich, dass Eigentümer Sachsenfonds, trotz traditionell schwieriger Lage auf dem Bremer Büroflächenmarkt, lediglich 40 Quadratmeter Geschäftsraum noch nicht vermietet hat. Gewerbliche Mieter finden sich vorrangig in der Passage im Erdgeschoss, wo Besucher zwischen Bücherei, Gastronomie und Geschäften flanieren können. „Das Forum soll zum Treffpunkt zwischen Ostertor und Innenstadt werden“, beschreibt Julia Plebuch vom Bauherrn Zechbau die Idee der Planer.

Die Aussichten dafür stehen nicht schlecht: Von innen ist das neue Polizeihaus eine architektonische Attraktion und das Angebot zwischen Büchern, Shopping und Cocktails verspricht eine Menge Laufkundschaft.

Axel Domeyer